Was wollen wir, Tina Dangl und Ernst Patka, mit dem Mittwochs-Fall erreichen?
Teil 2 der Mittwochsfall-Serie zu
„Vorzeitiger Austritt wegen ungebührlicher Entgeltschmälerung“
Bettina Korrektl ist Buchhalterin und eine sehr korrekte Mitarbeiterin der Metallwaren GmbH. Sie nimmt Ihre Pflichten aber auch ihre Rechte sehr genau.
Bilanzfertigstellungstermine einzuhalten ist – so die Aussage der für sie zuständigen Abteilungsleiterin – „Teil der DNA von Frau Korrektl.“
Damit zum Bilanzfertigstellungstermin 18. Jänner 2019 alle Kontenabstimmungen zeitgerecht erledigt sind, leistete Bettina Korrektl in den ersten beiden Jänner-Wochen 2019 zahlreiche Überstunden.
Üblich bei der Metallwaren GmbH ist, dass alle Überstunden bis zum 20. des Monats auch in diesem Monat abgerechnet werden.
Groß war zunächst die Enttäuschung, dann der Ärger, als Bettina Korrektl am 30. Jänner 2019, als ihr der Gehaltsausweis überreicht wurde, feststellte, dass diese Überstunden nicht in der Jänner-Abrechnung enthalten waren.
Verärgert schreibt sie am 4. Februar 2019 ein Mail an den Personalleiter, Franz Hudriwu:
„Ich habe meine Pflichten, die Einhaltung des Bilanzfertigstellungstermines erfüllt. Ich erwarte, dass ebenso mein Dienstgeber seine Pflichten ‒ wie bspw die zeitgerechte Überweisung der mir zustehenden Entgelte ‒ pünktlichst erfüllt. Meine Jänner-Überstunden wurden bis jetzt nicht überwiesen.“
Ich fordere Sie auf, mir die Jänner-Überstunden zu überweisen, sodass ich spätestens am 10. Februar 24:00 Uhr über den Nettobetrag verfügen kann. Ich behalte mir alle Rechte ‒ wie bspw einen vorzeitigen Austritt ‒ vor, sollte bis spätestens am 10. Februar 24:00 Uhr das ausstehende Entgelt nicht auf meinem Konto gutgebucht worden sein.
Als Bettina Korrektl am 11. Februar (Montag) um 02:15 nach der Heimkehr vom Gemeindeball ihren aktuellen Kontostand abfragt, stellt sie fest, dass kein Zahlungseingang betreffen die Jänner-Überstunden vorliegt.
Am 11. Februar 2019 schreibt sie gleich morgens um 07:20 Uhr ein Mail an Franz Hudriwu, in der sie ihren vorzeitigen Austritt erklärt, da zum Ende der gesetzten Nachfrist das ausstehende Entgelt nicht auf ihrem Konto eingelangt war.
Im Antwortmail um 10:45 Uhr weist sie Franz Hudriwu darauf hin, dass
Franz Hudriwu begründet seine Rechtsansicht damit, dass gemäß § 903 ABGB Folgendes gilt:
„Fällt der für die Abgabe einer Erklärung oder für eine Leistung bestimmte letzte Tag auf einen Sonntag oder anerkannten Feiertag, so tritt an dessen Stelle, vorbehaltlich gegenteiliger Vereinbarung, der nächstfolgende Werktag.“
Nach einhelliger Rechtsprechung – so informiert Franz Hudriwu Bettina Korrektl ‒ gilt diese Regelung im § 903 ABGB für alle materiellrechtlichen Fristen, somit auch für die Setzung einer Rücktrittsfrist. Aus diesem Grund endet die Nachfrist nicht am Sonntag, sondern erst am Montag.
berechtigter Austritt
— Gehaltszahlung muss am 01. des Monats auf dem Konto des Dienstnehmers zur Verfügung stehen;
— Formulierung seitens Frau Korrektl: spätestens am 10.2. 24:00Uhr Nettobetrag verfügbar;
— §903 AGBG — gegenteilige Vereinbarung = Gehalt am Monatsersten und Verfügbarkeitsforderung am 10.2. 24:00Uhr — beides durch Dienstgeber nicht erfüllt;
— Eilüberweisung am 11.02. um 10:45Uhr;
— keine vorherige Kommunikation/Erklärungen seitens Dienstgeber;
= Desinteresse an der Problemlösung seitens des Verschuldners;
Frühzeitige Kommunikation oder Handlung seitens Schuldners hätte Eskalation verhindern können.