Mittwochs-Fall – das sagt Ihnen (noch) nichts? 2 x im Monat präsentieren wir Ihnen den Mittwochs-Fall
Was wollen wir, Tina Dangl und Ernst Patka, mit dem Mittwochs-Fall erreichen?
Die folgenden beiden Mittwochsfälle betreffen die
Übersiedlungsfälle:
Susanne Karracho ist Personalchefin der „Sozial & Hilfe Österreich“, die dem Kollektivvertrag Sozialwirtschaft Österreich (kurz: SWÖ-KV) unterliegt.
Der § 27 des SWÖ-KV enthält Bestimmungen, bei welchen Dienstverhinderungen das Entgelt weiterzuzahlen ist.
Im Punkt d) des Absatzes 1 ist geregelt, dass der Entgeltfortzahlungsanspruch bei Wohnungswechsel bei eigenem Haushalt
2 Arbeitstage pro Kalenderjahr umfasst.
Susanne Karracho hat
5 Herausforderungen rund um Übersiedlungen zu lösen.
Die ersten 3 Fälle landen auf Ihrem Tisch. Frau Karracho ist Ihnen für Ihre Unterstützung sehr dankbar.
FALL 1:
Karl Überschlau:
Übersiedlung im Februar-Urlaub
Karl Überschlau hat vom 5. Februar (Montag) bis 18. Februar (Sonntag) Urlaub beantragt und genehmigt bekommen.
Was Susanne Karracho nicht wusste, weil es Karl Überschlau nicht erwähnte, war, dass er während seines Urlaubes von Gablitz (Niederösterreich) nach Wien-Donaustadt (22. Bezirk) übersiedelte.
Am Ende eines jeden Quartals werden den Dienstnehmern der „Sozial & Hilfe Österreich“ ihre aktuellen offenen Urlaubsarbeitstage mitgeteilt. Aufgrund dieser „Urlaubstage-Info“ Ende September sah Karl Überschlau, dass sich seine offenen Urlaubsarbeitstage gegenüber dem letzten Quartalsstand 31. Dezember um 10 Urlaubsarbeitstage (= 2 Wochen) vermindert haben.
Er protestiert bei Susanne Karracho und fordert, dass lediglich 8 Urlaubsarbeitstage abgezogen werden dürfen, da er aufgrund der Übersiedlung gemäß SWÖ-KV Anspruch auf 2 bezahlte Arbeitstage hat.
Susanne Karracho bleibt beim Abzug von 10 Urlaubsarbeitstage, denn – so ihre Ansicht – Übersiedlungen während des Urlaubes zählen als Urlaubstage und nicht als „kollektivvertraglicher Sonderurlaub“ (= zu bezahlende SWÖ-KV-Entgeltfortzahlungstage).
Wer hat Recht?
FALL 2:
Karl Überschlau:
Neuerliche Übersiedlung im November
Die neuen Nachbarn des Karl Überschlau nerven ihn fürchterlich. Seinen Arbeitskollegen gegenüber beklagt er entnervt, dass ihn der Lärm, den die Nachbarn erzeugen (Eltern + 4 Kinder) in den Wahnsinn treibt.
Er fand ein Immobilienschnäppchen in Gänserndorf (Niederösterreich). Er kauft dieses Einfamilienhaus und informiert vorweg Susanne Karracho, dass er am 21. und 22. November (Mittwoch + Donnerstag) von Wien weg nach Gänserndorf übersiedeln werde. Er beanspruche die kollektivvertragliche Entgeltfortzahlung für 2 Übersiedlungstage gemäß SWÖ-KV.
Susanne Karracho lehnt ab, weil dieser Anspruch mit 2 Arbeitstage pro Kalenderjahr begrenzt ist und aufgrund der ersten Übersiedlung im Kalenderjahr ‒ diese war im Februar (siehe Fall 1) ‒ als verbraucht gilt.
Hat Susanne Karracho Recht?
FALL 3:
Ingrid Fair:
Sonderurlaub oder „normaler Urlaub”?
Endlich ins Grüne ziehen, freudig informierte Ingrid Fair Ihre Arbeitskollegen und Susanne Karracho, dass Sie Ende November aus der Grazer Innenstadt nach Heiligenkreuz am Waasen (Steiermark) übersiedelt.
Ingrid Fair schreibt folgenden Antrag an Susanne Karracho:
„Die Speditionsfirma wird am 26. und 27. November (Montag + Dienstag) den Übersiedlungstransport durchführen. Um stressfrei den neuen Haushalt einrichten zu können, beantrage ich Urlaub in der letzten Novemberwoche (= 26. November bis 2. Dezember)“
Susanne Karracho genehmigt den Urlaub und zieht analog wie bei Karl Überschlau 5 Urlaubsarbeitstage vom offenen Urlaubssaldo ab.
Susanne Karracho erklärt Ingrid Fair, dass bei Übersiedlung entweder „normaler“ Urlaub oder der „Übersiedlungssonderurlaub“ von maximal 2 Arbeitstagen pro Kalenderjahr (= SWÖ-KV-Entgeltfortzahlungsanspruch für die Übersiedlung) vorliegen kann, aber keine Mischung aus beiden Urlaubstypen.
Zweifelnd, ob diese Rechtsansicht korrekt ist, wendet sich Ingrid Fair an Sie.
Fall 1: Hier hat den Anspruch auf 2 Übersiedelungstage aufgrund nachträglicher Meldung verwirkt, zumal er bereits sich auf Freizeit durch Urlaub befand.
Fall 2: Hier hat er zwar die 2 Übersiedelungstage pro KJ verbraucht, jedoch gehe ich davon aus, dass hier der §8 Abs.3 des AngG. wirksam wird. Weil es ein wichtiger, seine Person betreffender Grund ist.
Fall 3: Ich würde hier die beiden Übersiedelungstage gelten lassen, weil ja der Urlaub erst im Anschluß an diese Tage vereinbart wird und somit voneinander konsumiert wird.
Fall 1: Sein Anspruch auf die 2 Sonderurlaubstage ist noch nicht verfallen. Daher ist eine Korrektur vorzunehmen.
Fall 2: Wenn ihm die 2 Sonderurlaubstage im Februar gewährt wurden, stehen ihm im November keine Sonderurlaubstage gemäß SWÖ-KV mehr zu.
Fall3: Frau Fair stehen lt. KV die 2 Sonderurlaubstage für den 26. und 27.11. zu. Ich sehe keinen Widerspruch darin, dass sie darauffolgend Urlaubstage konsumiert.
Fall1: sobald der MA den Meldezettel mit der neuen Adresse vorlegt, werden die Sondertage wirksam, unabhängig davon, ob er vorher Urlaub angemeldet hat
Fall2: die 2 Sondertage im Februar wurden dem MA ja nicht gewährt, also hat er im November Anspruch darauf
Fall3: analog zu 1 — auch hier würde ja „gemischt“ werden. Ich würde 2 Sondertage gewähren — nach Erhalt des Meldezettels — und 3 Tage Urlaub
1) Für Arbeitsverhinderungen, bei denen Entgeltfortzahlungsanspruch besteht (hier ein sonstiger, wichtiger Hinderungsgrund), kann ein Urlaub rechtswirksam nicht vereinbart werden.
Der DN ist verpflichtet, seine Adressänderung dem DG umgehend bekannt zu geben. In dem Moment, wo der DN seinen neuen Meldezettel vorlegt, würde ich ihm die 2 SU zuerkennen und die UT entsprechend korrigieren.
2) da im Feber bereits 2 SU lt. KV verbraucht, kann hier § 8 (3) AngG vom DN geltend gemacht werden.
3) 2 SU stehen zu, außer es gibt eine BV die den Verbrauch von SU und Urlaub innerhalb einer Woche untersagt. Dann würde ich als DN ebenfalls § 8 (3) AngG geltend machen. Ich kenne sonst keinen Hinderungsgrund, warum beides binnen einer Woche nicht verbraucht werden könnte.
Fall 1: Grundsätzlich stehen ihm laut KV 2 Sonderurlaubstage zu, allerdings hätte der DN die Sonderurlaubstage auch als Sonderurlaubstage rechtzeitig beantragen müssen und auch einen Nachweis (Meldezettel) abgeben sollen. Daher hat Frau Karracho recht.
Fall 2: DN hat den Sonderurlaub beantragt und er hatte in diesem KJ noch keine Übersiedlungstage, daher werden die Tage genehmigt.
Fall 3: Mischung ist OK.
Fall 1: Erstaunlich ist, dass Hr. Überschlau erst Ende September den Abzug bemerkt und nicht schon Ende März, da er ja Ende jedes Quartals eine Urlaubsstandsmeldung erhält. Zu prüfen wären die geltenden Verfallsfristen im KV. Wenn diese überschritten sind, dann stehen ihm die 2 Tage Sonderurlaub meines Erachtens nicht mehr zu.
Fall 2: je nachdem, ob die Tage im Februar gewährt werden müssen oder nicht, stehen ihm im November zwei Tage zusätzlich zu. Falls die Tage im Februar genehmigt werden (müssen) jedenfalls nicht.
Fall 3: Unstrittig wurde Urlaub vereinbart. Fr. Fair hat den Grund des Urlaubs zusätzlich angeführt und meines Erachtens klar zum Ausdruck gebracht, dass dieser für die Übersiedlung verwendet wird. Ergänzend schreibt sie, dass es stressfreier ist, wenn neben den zwei Tagen Montag und Dienstag auch der Rest der Woche Urlaub benötigt wird. Hier sehe ich keine rechtliche Möglichkeit die zwei Tage Sonderurlaub nicht zu gewähren.
Fall1: ich hätte den Urlaub im Nachhinein umd die 2 SU Tage korrigiert, vorausgesetzt ich erhalte den Meldezettel.
Fall2: hier gehe ich auch davon aus, dass das Ang.Gesetz greift
Fall3: ich sehe in der Mischung kein Problem, das ist Vereinbarungssache, wenn es nach den 2 Übersiedlungstagen keinen Grund gibt dem Urlaubswunsch nicht zu entsprechen.
zu Fall1:
Frau Karracho ist meiner Meinung nach im Recht und zwar aufgrund des zulässigen Analogieschlusses zum Thema Urlaub/kurze Krankenstände. Kurze Krankenstände unterbrechen den Urlaub nicht.
zu Fall2:
Frau Karracho hat nicht Recht, da der Übersiedlungsurlaub nicht verbraucht wurde ( siehe Fall 1)
zu Fall3:
Frau Susanne Karracho hat Unrecht, da sie Kenntnis von der geplanten Übersiedlung während des beantragten Urlaubes hatte.
FALL 1:
lt. KV kann der Dienstnehmer binnen 9 Monaten Ansprüche geltend machen, daher müssten ihm, mit Nachweis durch Meldezettel, 2 Tage Urlaub auf Sonderurlaub korrigiert werden
FALL 2:
wurden die 2 Tage Sonderurlaub für Februar korrigiert, stehen keine weiteren Siedlungstage mehr zu
wurden die 2 Tage nicht korrigiert, hätte Herr Überschlau Anspruch darauf
FALL 3:
es spricht nichts gegen eine Mischung aus Urlaub und Sonderurlaub, es stehen 2 Tage Siedlungstage nach Nachweis durch Meldezettel zu
Ungeachtet der Rechtslage (aktuell gültiger Entscheidungen) würde ich bei taxativ aufgezählten Ansprüchen keine großen Diskussionen vom Zaun brechen, so die notwendigen Unterlagen beigebracht werden. Im besten Fall würde ich auf ordentliche Meldungen vorab hinweisen. Dies wird meist als Entgegenkommen gewertet. Bei sturschalten beider Parteien, kommt es nur zu unnötigen Diskussionen ob nach Ausschöpfung oder Meldeversäumnis wie in den Beispielfällen nicht “personlich wichtige Gründe” lt § 8 Abs. 3 AngG vorliegen. Der Begriff “verhältnismäßig kurze Zeit” lässt hier juristische Dehnungsmöglichkeiten vermuten die 2 Tage übersteigen könnten.