Was wollen wir, Tina Dangl und Ernst Patka, mit dem Mittwochs-Fall erreichen?


Teil 3 der Mittwochsfall-Serie zu
„Vorzeitiger Austritt wegen ungebührlicher Entgeltschmälerung“
Karl Zopfinger ist Leiter der IT. Zwischen ihm und der Metallwaren GmbH wurde anlässlich seines Dienstbeginns am 1. Juli 2015 vereinbart, dass er einen Bruttomonats-All-In-Gehalt erhalten soll und dass mit diesem All-In-Gehalt sämtliche Entgeltansprüche abgegolten sind.
Der All-In-Bruttomonatsbezug beträgt ab 1. Jänner 2018 EUR 6.000,00 (Grundgehalt: EUR 2.500,00). Sein Bruttojahresbezug beträgt somit EUR 84.000,00 (= 14 x EUR 6.000,00).
Im Juli 2018 forderte Kurt Zopfinger eine Gehaltserhöhung auf EUR 6.500,00, was vom Personalleiter, Franz Hudriwu abgelehnt wurde. Seither ist Kurt Zopfinger auf seinen Dienstgeber nicht gut zu sprechen.
Ab 1. Oktober 2018 wird eine Wochenend-Rufbereitschaft für Dienstnehmer der IT-Abteilung (max 1 pro Monat und Dienstnehmer) – gilt auch für Kurt Zopfinger ‒ in der Metallwaren GmbH eingeführt.
Pro Quartal erhalten die Dienstnehmer eine Rufbereitschaftsvergütung in Höhe von EUR 90,00, die im Folgemonat ausbezahlt wird.
Als Kurt Zopfinger bei der Jänner 2019-Abrechnung feststellt, dass er die Rufbereitschaftspauschale in Höhe von EUR 90,00 für das 4. Quartal 2018 nicht ausbezahlt bekam, forderte er von Franz Hudriwu die umgehende Nachzahlung.
Der Personalleiter erwiderte, dass Kurt Zopfinger, als All-In-Gehaltsbezieher keine gesonderte Rufbereitschaftsvergütung erhalte, da diese mit seinem All-In-Gehalt
(„ …damit sind sämtliche Entgeltansprüche abgegolten …“) bereits abgegolten sind.
Dem widerspricht Kurt Zopfinger heftig. Er legt ein Gutachten eines arbeitsrechtlich versierten Anwalts und eine gleichlautende Stellungnahme der Arbeitsrechtsabteilung der Arbeiterkammer vor, wonach die Rufbereitschaftsvergütung zusätzlich zum All-In-Gehalt zu bezahlen ist, da bei Dienstvertragsabschluss noch keine Rufbereitschaftsvergütung bestand und diese daher auch nicht mit seinem All-In-Bezug abgegolten sein kann.
Aus diesem Grund fordert Kurt Zopfinger, dass spätestens mit der Februar 2019-Abrechnung ihm die Rufbereitschaftsvergütung auszubezahlen ist, ansonsten er sich vorbehält, vorzeitig seinen Dienstvertrag zu beenden.
Franz Hudriwu bleibt bei seiner Rechtsansicht (= Rufbereitschaftsvergütung ist mit All-In-Gehalt bereits abgegolten) und überweist diese daher mit der Februar 2019-Abrechnung nicht.
Am 27. Februar erhält Kurt Zopfinger die Februar 2019-Abrechnung, am 28. Februar erklärt er seinen vorzeitigen Austritt.

Frage an Sie:
Trat Kurt Zopfinger berechtigt oder unberechtigt vorzeitig aus?
Hinweis:
Die von der Metallwaren GmbH durchgeführt Deckungsprüfung 2018 zeigt, dass
insgesamt einen „Deckungsprüfungs-Jahresbetrag“ ergeben, der maximal 80% des erhaltenen Bruttojahresbezuges von EUR 84.000,00 beträgt. Stützt diese Tatsache die Rechtsansicht des Franz Hudriwu?

Ich bin der Meinung, dass der Austritt unberechtigt ist, da mit sämtliche Entgeltansprüchen auch die Rufbereitschaft erfasst ist und in seinem Fall die Deckungsprüfung inklusive dieser Pauschale gedeckt war.
Da sämtliche Entgeltansprüche damit gedeckt sind und sich die Deckungsprüfung ausgeht, bin ich ebenso der Meinung, dass es sich um einen unberechtigten vorzeitigen Austritt handelt.
Auch erwachsene Entgeltansprüche nach Abschluss des Vertrages sind meiner Meinung nach inbegriffen.
Bin schon sehr auf die Lösung gespannt!
Ich bin der Meinung das das Hr Zopfinger sehr wohl Anspruch auf die Rufbereitschaft hat, da die bloße Rufbereitschaft nicht als Arbeitszeit zu werten ist, kann die dafür gewährte Vergütung nicht als Mehrarbeitsvergütung im Sinne der Entlohnung zusätzlicher Arbeitsleistung qualifiziert werden.
RIS — Rechtssatznummer RS0021691
Meines Erachtens handelt es sich um einen unberechtigten vorzeitigen Austritt. Berechtigt vorzeitig austreten darf der Dienstnehmer nur wenn ihm wesentliches Entgelt vorenthalten wird. Die strittige Rufbereitschaftszulage wird unter Berücksichtigung des Verhältnisses zwischen Grundgehalt und Überzahlung zur Abdeckung sämtlicher Entgelte wohl eher als unwesentlich beurteilt werden.
Was dass Einbeziehen der Rufbereitschaft in das All-in-Gehalt betrifft wäre ich geneigt zu sagen, dass er schon Anspruch darauf hat, da es sich um einen Entgeltbestandteil handelt, der zum Abschluss des Dienstvertrages nicht vertragsgegenständlich war und im Zweifelsfall hier wahrscheinlich eher für den Dienstnehmer entschieden werden würde.
Der Austritt ist unberechtigt. Allerdings ist die Rufbereitschaft zu vergüten.
Am besten ist, wenn für die Rufbereitschaft eine eigene Vereinbarung aufgesetzt wird.
Ich schließe mich der Meinung von Fr. Reinhart an.
Ich finde, dass der Austritt unberechtigt war, da im All-In alle Entgelte abgedeckt sind und Rufbereitschaft fällt in den Begriff “Entgelt”.
Rufbereitschaft kann grundsätzlich auch mit dem bestehenden Gehalt abgedeckt sein.
Wenn die Vereinbarung der Rufbereitschaft vorsieht, dass jeder EUR 90,- erhält, müßte Hr. Zopfernig diese auch erhalten, es sei denn es wurde “vereinbart”, dass bei All in MA die Rufbereitschaft bereits mit ihrem All in Gehalt abgedeckt ist.
Es ist meines Erachtens zu klären, wie die Rufbereitschaft mit den anderen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern vereinabrt wurde. Mittels Einzelvertrag oder mittels Betriebsvereinbarung.
Selbst wenn ihm das Rufbereitschaftsentgelt zusteht ‑was vom AG bestritten wird- , berechtigt ihn das nicht zum vorzeitigen Austritt, da es sich hier um unterschiedliche Rechtsansichten über die Zahlungsverpflichtung handelt auch wenn die Rechtsansicht des Arbeitgebers die falsche ist.