Was wollen wir, Tina Dangl und Ernst Patka, mit dem Mittwochs-Fall erreichen?
Unser erster Fall betrifft folgenden Sachverhalt
Das Dienstverhältnis des Kochs Adam Hitzflucht dauerte lediglich 121 Tage und endete durch Dienstgeber-Kündigung. Während der Kündigungsphase fehlte der Dienstnehmer 8 Tage unentschuldigt.
Der Dienstnehmer verbrauchte während seines kurzen Dienstverhältnisses keinen Urlaub.
Aufgrund der 8 unentschuldigten Tage kürzte der Dienstgeber entsprechend anteilig die Urlaubsersatzleistung.
Adam Hitzflucht hat einen Freund, Kurt Radgäber. Der Freund findet die Vorgehensweise des Dienstgebers seines Freundes rechtlich unzulässig und mailt Adam Hitzflucht den 3. Satz des § 2 Abs 2 des Urlaubsgesetzes, der lautet:
„Der Urlaubsanspruch wird durch Zeiten, in denen kein Anspruch auf Entgelt besteht, nicht verkürzt, sofern gesetzlich nicht ausdrücklich anderes bestimmt wird.“
Daraufhin klagt Adam Hitzflucht seinen Dienstgeber, ihm die Urlaubsersatzleistung ungekürzt auszuzahlen.
Der Fall landet auf Ihrem Schreibtisch – Bitte Ihre Entscheidung
(gerne auch im Kommentarfeld)
Lösung
Wir, Tina Dangl und Ernst Patka sind überrascht und erfreut, wie zahlreich die Teilnahme beim ersten „Mittwochs-Fall“ war. Das spornt an, weitere Mittwochs-Fälle zu gestalten.
Ein herzliches Danke an alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer, die zur Lösungsfindung einen Beitrag leisteten.
Übrigens: Ähnlich unterhaltsam, nachhaltig und informativ ist unsere Businesspartnerschulung hinsichtlich Grundlagen des Arbeitsrechts, Schulungen nach unserer U.N.I.-Methode. Ähnlich wie der Mittwochs-Fall arbeiten wir in diesen Schulungen mit Checklisten und Fallbeispielen.
Mail an office@patka-knowhow.at und wir besprechen, wie die Inhouse-Schulung konkret ablaufen soll.
„Sie wünschen ‒ Wir spielen ‒ die Teilnehmer jubilieren und brillieren (fachlich)“
Einige Vorweganmerkungen zu den zahlreichen BLOG-Beiträgen
- 1Unbestritten ist, dass der Dienstgeber während der unentschuldigten Fehlzeit
- 2Richtig ist die SV-Abmeldung „Ende Entgelt“ aufgrund der unentschuldigten Abwesenheit.
- 3Während der Kündigungsfrist einen vorzeitigen Austritt zu unterstellen, wo die Rechtsprechung verlangt, dass nicht der geringste Zweifel besteht, dass der Dienstnehmer sein bereits gekündigtes Dienstverhältnis vorzeitig auflösen möchte, ist unserer Ansicht nach SEHR riskant – würden wir nicht empfehlen.
- 4Selbstverständlich hätte man – allerdings nur einvernehmlich ‒ die unentschuldigten Fehltage in Urlaubstage umwandeln können, doch der Dienstnehmer war hierzu nicht gesprächsbereit.
- 5Dieser Mittwochsfall betraf ausschließlich die Frage, ob die Urlaubsersatzleistung gekürzt ausbezahlt werden kann oder nicht.
Was die Urlaubsersatzleistung betrifft, darf nicht übersehen werden, dass der Geldanspruch nicht mit den „Verbrauchsregeln des Urlaubes“ (einvernehmlich; kein einseitiges Anordnen des Dienstgebers während der Kündigungsfrist etc) verwechselt werden darf.
Aufgrund des Wortlautes des 3. Satzes des § 2 Abs 2 des Urlaubsgesetzes könnte man vermuten, Adam Hitzflucht bekommt Recht und der Dienstgeber müsste die Urlaubsersatzleistung ungekürzt auszahlen.
Aber: Es gibt Zeiten, in denen der Dienstnehmer kein Entgelt bezieht und der Dienstgeber kann ‒ gesetzlich erlaubterweise ‒ den Urlaub aliquotieren ⇒ denken Sie bspw an Karenzurlaub, Präsenz- oder Zivildienst, Bildungskarenz.
Der 3. Satz des § 2 Abs 2 des Urlaubsgesetzes bezieht sich nur auf entgeltfreie Zeiten aufgrund von Dienstverhinderungen (zB Krankheit).
Auf andere entgeltfreie Zeiten, wie bspw unbezahlter Urlaub (Der Jahresurlaubsanspruch wird durch einen unbezahlten Urlaub dann gekürzt, wenn die Vereinbarung des unbezahlten Urlaubs im Interesse des Dienstnehmes liegt; vgl OGH 29. 6. 2005, 9 ObA 67/05a) oder eben auch bei unentschuldigtem Fernbleiben vom Arbeitsplatz.
Das Urteil lautet: Der Dienstgeber hat zu Recht keine Urlaubsersatzleistung für die 8 unentschuldigten Abwesenheitstage bezahlt (OLG Innsbruck 26. 1. 2018, 13 Ra 41/17b).
Daraus können die folgenden Grundregeln für die Praxis abgeleitet werden:
Erhält der Dienstnehmer aufgrund einer Arbeitsverhinderung (zB Krankheit) kein Entgelt ⇒ Urlaub und die Urlaubsersatzleistung dürfen nicht gekürzt werden
(3. Satz des § 2 Abs 2 Urlaubsgesetz).
Der Urlaub und die Urlaubsersatzleistung können bei entgeltfreien Zeiten dann gekürzt werden, wenn
Mein Lösungsansatz:
Urlaub ist Vereinbarungssache und kann nicht einseitig entstehen. Die 8 unentschuldigten Tage können in der Endabrechnung mindernd wirken, stellen aber keinen Urlaubskonsum dar und vermindern daher die Urlaubsersatzleistung inklusive den Pflichtversicherungszeiraum nicht.
Mit freundliche Grüßen
Karina Behr
Vielen Dank für Ihren Lösungsvorschlag. “Unsere” Lösung zu diesem Mittwochsfall finden Sie nun oben nach dem Sachverhalt.