August 25, 2020

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Falls Sie es noch nicht gele­sen haben, fin­den Sie hier den Link zum Sach­ver­halt und der Fra­ge­stel­lung: 
Recht schlägt Haus­ver­stand ➪ Abgabennachzahlung


Die wich­tigs­ten Grund­sät­ze zur Lösung die­ses Fal­les sind:


1

In der Sozi­al­ver­si­che­rung ist gemäß § 49 Abs 3 Z 2 ASVG die Schmutz­zu­la­ge nur dann bei­trags­frei, wenn

  • sie auf­grund gesetz­li­cher bzw kol­lek­tiv­ver­trag­li­cher Bestim­mun­gen gezahlt wird und
  • sie nicht der Lohn­steu­er (Ein­kom­men­steu­er) unterliegt

2

Damit die SEG-Zula­gen lohn­steu­er­frei abge­rech­net wer­den kön­nen, müs­sen sowohl

  • for­mel­le Vor­aus­set­zun­gen als auch
  • mate­ri­el­le Voraussetzunge

erfüllt sein.


3

Die for­mel­le Vor­aus­set­zung war im Prüf­zeit­raum zwei­fels­frei erfüllt, da die Repa­ra­tur GmbH die Schmutz­zu­la­gen auf der Grund­la­ge kol­lek­tiv­ver­trag­li­cher Bestim­mun­gen gewährte.


4

Mate­ri­el­le Vor­aus­set­zung: Unter Schmutz­zu­la­gen sind Zuwen­dun­gen für Arbeits­leis­tun­gen zu ver­ste­hen, die über­wie­gend unter Umstän­den erfol­gen, die in erheb­li­chem Aus­maß eine Ver­schmut­zung (Ver­un­rei­ni­gung) des Dienst­neh­mers und sei­ner Klei­dung zwangs­läu­fig bewir­ken (zB Arbei­ten mit Teer, Arbei­ten im Zusam­men­hang mit Tier­kör­per­be­sei­ti­gung, Kes­sel­rei­ni­gung, Ver­stau­bung, Ver­schlam­mung, Arbei­ten am Schlacht­hof). Auch die­se Vor­aus­set­zung war im Prüf­zeit­raum erfüllt.


5

Das Aus­maß einer SEG-Zula­ge muss ange­mes­sen sein (VwGH 17. 2. 1988, 85/13/0177, ARD 3973/6/88).


6

Treu & Glau­ben: Die Repa­ra­tur GmbH hat eine § 90 EStG-Anfra­ge an das zustän­di­ge Betriebs­stät­ten­fi­nanz­amt gestellt. Bei Anfra­gen die­ser Art ist für den Treu & Glau­bens­schutz wich­tig, dass

  • die Anfra­ge an das zustän­di­ge (= Betriebsstätten)Finanzamt gestellt wird, und dass
  • der Sach­ver­halt voll­stän­dig und wahr­heits­ge­mäß (ohne „Behüb­schun­gen der Sach­la­ge, ohne Weg­las­sung von „stö­ren­den“ Sach­ver­halts­ele­men­ten etc) geschil­dert wird.

Stellt sich dann bei der PLB her­aus, dass sich weder der Sach­ver­halt noch die Rechts­la­ge (Gesetz, Recht­spre­chung) im Ver­gleich zur Anfra­ge geän­dert haben, dann kann das Unter­neh­men dar­auf ver­trau­en, dass die Ant­wort des Betriebs­stät­ten­fi­nanz­am­tes auch bei der PLB „hält“ und der Prü­fer akzep­tie­ren muss, dass das Unter­neh­men gemäß der Ant­wort des Betriebs­stät­ten­fi­nanz­am­tes abge­rech­net hat.

Im vor­lie­gen­den Fall wur­de die § 90 EStG-Anfra­ge vom Betriebs­stät­ten­fi­nanz­amt so beant­wor­tet, dass

  • die for­mel­le Vor­aus­set­zung (Kol­lek­tiv­ver­trag regelt die Schmutz­zu­la­gen­ge­wäh­rung) und die mate­ri­el­le Vor­aus­set­zung (über­wie­gen­de Tätig­keit unter erheb­li­cher Ver­schmut­zung) erfüllt sind, 
  • die kol­lek­tiv­ver­trag­lich vor­ge­se­he­nen Beträ­ge aber nur zu 70% ange­mes­sen sind,

Da der Sach­ver­halt voll­stän­dig und wahr­heits­ge­mäß dem Betriebs­stät­ten­fi­nanz­amt geschil­dert wur­de und sich weder der Sach­ver­halt noch die Rechts­la­ge (Gesetz, Recht­spre­chung) im Ver­gleich zur § 90 EStG-Anfra­ge geän­dert haben, wur­de die Lohn­steu­er­frei­heit der 70% der SEG-Zula­ge bei der PLB aner­kannt.


7

Und jetzt kom­men wir zur Auf­lö­sung, war­um

A) das Unter­neh­men anläss­lich der Prü­fung trotz­dem Abga­ben (kon­kret: Sozi­al­ver­si­che­rungs­bei­trä­ge) nach­zah­len muss­te und warum

B) der Titel die­ses BLOG-Bei­tra­ges „Recht schlägt Haus­ver­stand“ heißt.

Erst vor kur­zem hat der Ver­wal­tungs­ge­richts­hof (VwGH Ro 2017/08/0004 vom 9. Juni 2020) wie­der fest­ge­stellt, dass die ASVG-Befrei­ung für die Schmutz­zu­la­ge (§ 49 Abs 3 Z 2 ASVG) ­ trotz­dem der Wort­laut auf die Steu­er­frei­heit im Ein­kom­men­steu­er­ge­setz ver­weist („Schmutz­zu­la­gen, soweit sie nach § 68 Abs. 1, 5 und 7 des Ein­kom­men­steu­er­ge­set­zes 1988 nicht der Einkommensteuer(Lohnsteuer)pflicht unter­lie­gen“),von den SV-Behör­den geson­dert ­­– dh unab­hän­gig von der Finanz und der Lohn­steu­er­frei­heit – beur­teilt wer­den kann.

Volks­tüm­lich aus­ge­drückt: Was die Finanz zur Lohn­steu­er­frei­heit einer Schmutz­zu­la­ge fest­stellt, lässt die Sozi­al­ver­si­che­rung „unbe­ein­druckt”.

Mit ande­ren Wor­ten: Die SV-Behör­den sind nicht an die Rechts­an­sicht der Finanz gebun­den.

Daher konn­te der Prü­fer im vor­lie­gen­den Fall, die Ange­mes­sen­heit der Schmutz­zu­la­ge anders (= nied­ri­ger) beur­tei­len, und damit die von ihm ange­streb­te SV-Bei­trags­nach­zah­lung erreichen

Recht schlägt Haus­ver­stand, weil es für kei­nen mit Haus­ver­stand aus­ge­stat­te­ten Men­schen nach­voll­zieh­bar ist, dass recht­lich Fol­gen­des gilt:

Da bestä­tigt das Finanz­amt die Lohn­steu­er­frei­heit  das SV-Recht ver­weist auf das Ein­kom­men­steu­er­recht und for­dert, dass die Schmutz­zu­la­ge lohn­steu­er­frei sein muss, damit sie auch sv-frei ist und trotz­dem kön­nen laut Recht­spre­chung die Sozi­al­ver­si­che­rungs­be­hör­den völ­lig eigen­stän­dig und unab­hän­gig von der Mei­nung des Finanz­am­tes ent­schei­den.


8

Tipp aus der Pra­xis für die Pra­xis:

Was hät­te die Repa­ra­tur GmbH tun müssen?

Die Repa­ra­tur GmbH hät­te genau­so wie an das Betriebs­stät­ten­fi­nanz­amt, auch an den zustän­di­gen Kran­ken­ver­si­che­rungs­trä­ger eine Anfra­ge nach § 43a ASVG stel­len müssen.

Wenn die Ant­wort des Kran­ken­ver­si­che­rungs­trä­gers gleich­lau­tend wie jene des Finanz­am­tes gewe­sen wäre, dann könn­te der Prü­fer auf­grund des Treu & Glau­bens­schut­zes kei­ne SV-Bei­trä­ge nachfordern


Ver­pas­sen Sie nicht die Vor­sor­ge­tipps zum The­ma SEG-Zulagen: 

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