Die Zeitumstellung von der Winter- auf die Sommerzeit und umgekehrt wirft einige arbeitsrechtliche Fragen auf, die in der – aus der Praxis für die Praxis – gestalteten Fachzeitschrift PVP (Personalverrechnung für die Praxis, Verlag LexisNexis) praxisgerecht beantwortet werden.
Die Autoren des folgenden Beitrags, Birgit Kronberger und MBA, Mag. Rainer Kraft, sind PVP-Redakteure und Geschäftsführer des – meiner Ansicht nach für Personalisten unverzichtbaren – Vorlagenportals.
Seit wann gibt es die Zeitumstellung und wird es sie noch lange geben?
Die Zeitumstellung (Wechsel zwischen Winterzeit und Sommerzeit) wurde in Österreich im Jahr 1980 eingeführt. Sie beruht auf der Idee, durch eine bessere Tageslichtnutzung Energie zu sparen. Die Umstellung erfolgt 2x im Jahr.
Die Uhren werden idR
a) am letzten Sonntag im März von 2:00 auf 3:00 Uhr vorgestellt (Sommerzeit) und
b) am letzten Sonntag im Oktober von 3:00 Uhr auf 2:00 Uhr zurückgestellt (Winterzeit).
Es gab in der EU in den letzten Jahren Bestrebungen, die Zeitumstellung abzuschaffen und die Sommerzeit als einheitliche Zeit einzuführen, allerdings wird es voraussichtlich noch einige Jahre dauern, bis dieses Vorhaben umgesetzt ist.
Die österreichische Bundesregierung scheint jedenfalls noch länger von der 2x jährlichen Umstellung auszugehen, da sie eine diesbezügliche Verordnung bereits für die Kalenderjahre 2022 bis 2026 erlassen hat (BGBl II 2022/58).
Was gilt für Dienstnehmer, die während einer Zeitumstellung arbeiten?
Beim Wechsel von
a) Sommerzeit ➪ Winterzeit wird die Nacht um 1 Stunde länger,
b) Winterzeit ➪ Sommerzeit fällt hingegen 1 Stunde weg.
Eine gesetzliche Regelung, wie sich diese Zeitumstellung auf die Arbeitszeit und die Entlohnung der zu diesem Zeitpunkt im Nachtdienst arbeitenden DN auswirkt, gibt es nicht.
Auch in KV, BV und DV sind diesbezüglich idR keine (oder nur äußerst selten) Regelungen enthalten.
Diesbezügliche arbeitsrechtliche Fragen müssen daher anhand allgemeiner rechtlicher Erwägungen beurteilt werden.
Wechsel von Sommerzeit auf Winterzeit (verlängerte Nacht)
Erbringt ein DN an einem Sonntag, an dem von Sommerzeit auf Winterzeit umgestellt wird, Arbeitsleistungen, so wird bei einem uhrzeitmäßig fixierten Arbeitszeitrahmen (zB Nachtschicht von 22 bis 6 Uhr) die tatsächliche Arbeitszeit idR um diese 1 Stunde verlängert.
Die Zusatzstunde ist – je nach Vereinbarung in Geld oder Zeitausgleich – abzugelten, kann aber auch uU durch eine bestehende Pauschalvereinbarung (Überstundenpauschale, All-In) abgedeckt sein (vorbehaltlich der jährlichen Deckungsprüfung).
Es handelt sich somit um eine zeitliche Mehrleistung, die je nach den konkreten Umständen wie folgt zu bewerten ist:
Im Zweifel ist daher davon auszugehen, dass bei uhrzeitmäßig fixem Arbeitszeitrahmen der DN zur Arbeitsleistung auch während einer zeitumstellungsbedingt anfallenden Zusatzstunde verpflichtet ist.
In einem vollkontinuierlichen Schichtbetrieb (KV-Normalarbeitszeit 38,5 Stunden/ Woche) läuft die Nachtschicht jeweils von 22:00 bis 6:00 Uhr (Nettoarbeitszeit 7,5 Stunden, Pause 30 Minuten).
In der Nacht vom 29. auf 30. 10. 2022 erhöht sich die Nettoarbeitszeit in der Nachtschicht – wenn keine andere Vereinbarung geschlossen wird – infolge der Zeitumstellung automatisch auf 8,5 Stunden.
Es handelt sich um eine KV-Mehrarbeitsstunde (unter der Annahme, dass in der betreffenden Kalenderwoche die KV-Mehrarbeit noch nicht ausgeschöpft ist).
Eine anderslautende Vereinbarung zwischen DG und DN ist denkbar. So könnte bspw ein uhrzeitmäßig um 1 Stunde früheres Arbeitsende vereinbart werden, um die Zeitumstellung zu „neutralisieren“.
Bei uhrzeitmäßig variablen Arbeitszeiten (zB monatlich neue Einteilungen laut Dienstplan) kann hingegen bei der Arbeitszeitplanung (Dienstplanerstellung) die Zeitumstellung ohnehin von vornherein mitberücksichtigt werden, sodass sich insoweit keine besonderen Probleme ergeben sollten.
Der im Wechseldienst tätige DN einer Diskothek wird für die Nacht vom 29. auf den 30. 10. 2022 für effektiv 6 Stunden von 23:00 bis 4:00 Uhr eingeteilt (6 Stunden aufgrund der „Doppelstunde“ zwischen 2:00 und 3:00 Uhr).
Wechsel von Winterzeit auf Sommerzeit (verkürzte Nacht)
Erbringt ein DN an einem Sonntag, an dem von Winterzeit auf Sommerzeit umgestellt wird, Arbeitsleistungen, so wird in Fällen eines uhrzeitmäßig fixierten Arbeitszeitrahmens (zB Nachtschicht von 22:00 bis 6:00 Uhr) die tatsächliche Arbeitszeit idR um 1 Stunde verkürzt.
Laut einschlägiger Fachliteratur muss der DG für die ausfallende Stunde kein Entgelt bezahlen. Begründet wird dies ua damit, dass die gesetzliche Zeitumstellung Sommerzeit ➪ Winterzeit
a) der „neutralen Sphäre“ zuzuordnen sei bzw
b) die Arbeitserbringung in der Umstellungsnacht zwischen 2:00 und 3:00 Uhr (aufgrund des Uhrzeitsprungs lediglich „eine juristische Sekunde“) rechtlich unmöglich sei.
Beide Argumentationen kommen zum selben Ergebnis: § 1155 ABGB ist nicht anwendbar und daher besteht kein Entgeltanspruch des DN (siehe dazu den Artikel von Gerhartl, Arbeitsrechtliche Tücken der Umstellung auf Sommerzeit, RdW 4/2011).
Abweichende Vereinbarungen sind selbstverständlich möglich. So könnte bspw vereinbart werden, dass
a) der DN im Ausmaß der täglichen „Soll-Arbeitszeit“ (also über das sonst uhrzeitmäßige Ende hinaus, zwecks „Neutralisierung“ der Zeitumstellung) zu arbeiten hat oder
b) die fehlende Stunde trotz Arbeitsausfalls bezahlt wird.
Bei uhrzeitmäßig variablen Arbeitszeiten (zB Wechseldienst zu immer wieder anderen individuellen Uhrzeiten laut jeweils neuem Monatsdienstplan) kann bei der Arbeitszeitplanung die Zeitumstellung ohnehin von vornherein mitberücksichtigt werden, sodass sich insoweit keine besonderen Probleme ergeben sollten.
Der im Wechseldienst tätige DN einer Diskothek wird für die Nacht vom 25. auf den 26. 3. 2023 für effektiv 6 Stunden von 22:00 bis 5:00 Uhr eingeteilt (nur 6 Stunden aufgrund der zwischen 2:00 und 3:00 Uhr entfallenden Stunde).
Der Dienstnehmer kommt am Montagmorgen aufgrund der Zeitumstellung zu spät zur Arbeit ➪ Was sind die Konsequenzen?
Wenn ein DN die Zeitumstellung übersieht und deshalb am Montag zu spät zur Arbeit erscheint (entgegen der für ihn geltenden Arbeitszeiteinteilung), handelt es sich idR um ein schuldhaftes Dienstvergehen (vgl § 2 ABGB).
In diesem Fall kann
a) der DN verwarnt werden und/oder
b) 1 Stunde als „Zeitminus“ in der Arbeitszeitaufzeichnung erfasst werden.
Empfehlung: Es soll von betrieblicher Seite stets mit dem gebotenen „Fingerspitzengefühl“ vorgegangen werden (zB würde die Inszenierung eines großen „Dramas“ bei einem sonst verlässlichen DN wohl deutlich über das Ziel „hinausschießen“).
Eine fristlose Entlassung bei einmaligem Zuspätkommen, weil die Zeitumstellung übersehen wurde, ist rechtlich unzulässig.
Dieser Beitrag ist in der Fachzeitschrift PVP (Personalverrechnung für die Praxis, Verlag LexisNexis) im Heft 10/2022 erschienen.