Warum viele Vertreter künftig mehr Steuer zahlen werden
Was ist passiert?
Ein Vertreter, der alle Aufwendungen aufgrund seiner Verkaufstätigkeit (ua Reiseaufwendungen etc) seinem Dienstgeber verrechnete, beantragte in seiner Arbeitnehmerveranlagung, dass das Vertreterpauschale berücksichtigt werden soll.
Nix da, sagte sein Wohnsitzfinanzamt: Keine Spesen selbst getragen ⇒ kein Vertreterpauschale.
Der Vertreter gab nicht klein bei. Er argumentierte, dass er sehr wohl Kosten trug, da
- der Dienstgeber nur Km-Gelder in Höhe von € 0,38 (2012) und € 0,40 (2013,2014) zahlte und
- er aufgrund seiner Vertretertätigkeit außerdem die Kosten für Kalenderblätter, Strom und Internet trug.
Keine Chance beim Finanzamt ⇒ Daher wendet sich der Vertreter an das Bundesfinanzgericht.
Sieg für den Vertreter? – NEIN!
Das Bundesfinanzgericht findet es höchst ungerecht, dass die Vertreter die einzige Berufsgruppe sind, die das Vertreterpauschale bei der Arbeitnehmerveranlagung beantragen können und dieses NICHT durch die vom Dienstgeber bezahlten Reiseaufwendungen gekürzt wird.
Der Verordnungstext lautet (Hervorgehoben durch den Autor): „Kostenersätze gemäß § 24 EStG 1988 kürzen die jeweiligen Pauschalbeträge, ausgenommen jene nach § 1 Z 9 (Vertreter)“
Das Bundesfinanzgericht stellt daher beim Verfassungsgerichtshof den Antrag, die Wortfolge „ausgenommen jene nach § 1 Z 9 (Vertreter)“ wegen Verfassungswidrigkeit (Vertreter werden bevorzugt) aufzuheben
Wie hat der Verfassungsgerichtshof entschieden?
Hervorhebungen im Erkenntnis V 45/2017–6 vom 26.2. 2018 hat der Autor vorgenommen.
IM NAMEN DER REPUBLIK
Der Verfassungsgerichtshof hat unter dem Vorsitz der Präsidentin Dr.
Brigitte BIERLEIN, in Anwesenheit des Vizepräsidenten DDr. Christoph GRABENWARTER und der Mitglieder Dr. Markus ACHATZ, Dr. Sieglinde GAHLEITNER, Dr. Christoph HERBST und Dr. Michael HOLOUBEK als Stimmführer, im Beisein der verfassungsrechtlichen Mitarbeiterin Mag. Manuela NEMETH als Schriftführerin, über den Antrag des BUNDESFINANZGERICHTES,
„der Verfassungsgerichtshof möge die Wortfolge ‚, ausgenommen jene nach § 1 Z 9 (Vertreter)‘ in § 4 der Verordnung des Bundesministers für Finanzen über die Aufstellung von Durchschnittssätzen für Werbungskosten von Angehörigen bestimmter Berufsgruppen, in der Stammfassung BGBl. II 382/2001, als gesetz- bzw. verfassungswidrig aufheben„, in seiner heutigen nichtöffentlichen Sitzung gemäß Art. 139 B‑VG zu Recht erkannt:
I. Die Wortfolge „, ausgenommen jene nach § 1 Z 9 (Vertreter)“ in § 4 der Verordnung des Bundesministers für Finanzen über die Aufstellung von Durchschnittssätzen für Werbungskosten von Angehörigen bestimmter Berufsgruppen, BGBl. II Nr. 382/2001, wird als gesetzwidrig aufgehoben.
II. Der Bundesminister für Finanzen ist zur unverzüglichen Kundmachung dieses Ausspruches im Bundesgesetzblatt II verpflichtet.
Was bedeutet nun dieses Verfassungsgerichtshof-Erkenntnis konkret für den Vertreter?
Bruttobezüge