Mit den Montagsfällen (“MoFa”) präsentieren wir Ihnen interessante und knifflige Fälle aus der Praxis für die Praxis.
Zunächst sind Sie gefordert.
⇨ Beantworten Sie die am Ende des Beitrages gestellte Frage für sich oder im Team und schreiben Sie bitte Ihre Antwort in die Kommentare.
Am darauffolgenden Donnerstag-Vormittag wird Sie der Newsletter mit dem Betreffbeginn: „MoFa‑L“ über die Lösung informieren.
Der Montagsfall vom 18. Oktober 2021
In diesem Montagsfall können Sie – für sich selbst oder im PV-Team – überprüfen, ob Ihr Wissen rund um den Pkw-Sachbezug so umfassend ist, dass es für Sie ein Klacks ist, die folgenden Spezialfälle richtig zu lösen.
Beurteilen Sie die folgenden Aussagen der Personalabteilung (Sie betreffen alle die 2021 gültige Rechtslage):
Fall 1: Halber Sachbezug?
Der Dienstnehmer ist Außendienstmitarbeiter und fährt im Regelfall von der Wohnung aus direkt zu den Kunden und dann wieder nach Hause.
Er besucht kaum die Betriebsstätte seines Dienstgebers. Er darf den Firmen-Pkw auch privat nutzen.
Am Ende des Jahres 2021 legt er ein Fahrtenbuch vor, wonach
a) er insgesamt 47.412 km gefahren ist,
b) davon waren laut Einträgen im Fahrtenbuch nur 888 Privat-km, der Rest waren betriebliche Km.
Das Fahrtenbuch ist nur deshalb nicht ordnungsgemäß, weil er in 2021 an 2 Außendienstmitarbeiter-Meetings in der Dienstgeber-Betriebsstätte teilgenommen hat und er diese Fahrten als betrieblich (insgesamt: 112 km) eingetragen hat.
Aufgrund dieser Mängel verweigert die Personalabteilung – mit Hinweis auf Rücksprache mit dem Betriebsstättenfinanzamt (Aussage des Finanzamtes: Kein halber Sachbezug, wenn Fahrtenbuch nicht ordnungsgemäß ist) – den halben Sachbezug.
➪ Was meinen Sie? Ist die Entscheidung der Personalabteilung …
Wie begründen Sie Ihre Entscheidung?
Wir freuen uns, wenn Sie Ihr Ergebnis mit uns in den Kommentaren teilen!
Fall 2: Lohnabrechnung eines Sachbezugs
Eine Angestellte (35 Jahre) ist ab September 2021 in Elternteilzeit und darf dennoch weiterhin den Firmen-Pkw privat nutzen:
- Bruttomonatsgehalt: EUR 750,00
- voller monatlicher Sachbezug: EUR 400,00
Die Abrechnung der Dienstnehmer für September 2021 (= erster Elternteilzeit-Monat) wurde wie folgt vorgenommen:
➪ Was meinen Sie? Ist die Berechnung der Personalabteilung …
Wie begründen Sie Ihre Entscheidung?
Wir freuen uns, wenn Sie Ihr Ergebnis mit uns in den Kommentaren teilen!
Fall 3: Sportsitz als Heilmittel?
Ein Außendienstmitarbeiter leidet unter erheblichen Rückenschmerzen.
Er fordert deshalb für den von ihm auch privat genutzten Firmen-Pkw den Einbau eines teuren Recaro-Sportsitzes, da der Betriebsarzt mit Gutachten attestiert, dass für das Rückenleiden des Außendienstmitarbeiters und aufgrund der intensiven Fahrleistung dieser Sportsitz quasi als Heilmittel anzusehen ist.
Da es sich beim Recaro-Sportsitz um ein – wie der Betriebsarzt feststellte – Heilmittel handelt (analog zur Bildschirmbrille), verlangt der Außendienstmitarbeiter dass dieses Heilmittel (= Recaro-Sportsitz) nicht als Zubehör gewertet und damit der Sachbezug nicht erhöht werden darf.
➪ Was meinen Sie? Ist diese Annahme …
Wie begründen Sie Ihre Entscheidung?
Wir freuen uns, wenn Sie Ihr Ergebnis mit uns in den Kommentaren teilen!
Wir freuen uns auf Ihre Lösungsvorschläge in den Kommentaren!.
Begründen Sie bitte Ihre Entscheidung.
➪ Die Lösungen:
Fall 1: Halber Sachbezug?
In diesem Fall irrt die Personalabteilung.
Begründung: Wenn trotz eindeutig mangelhafter Fahrtenbücher mit größter Wahrscheinlichkeit keine Privatfahrten von mehr als 6.000 km vorliegen, ist dennoch der halbe Sachbezug anzuerkennen.
Hierzu wurde bereits im Oktoberheft der PVP aus 2015 ausführlich informiert.
Die Sachbezugswerte-Verordnung regelt, dass der halbe Sachbezug nur dann angewandt werden kann, wenn der Dienstnehmer durchschnittlich nicht mehr als 500 km nachweislich pro Monat privat fährt. Anders als beim “Mini-Sachbezug” wird nicht gefordert, dass der Nachweis nur durch ein ordnungsgemäß geführtes Fahrtenbuch erbracht werden kann.
Der VwGH hat in seinem Erkenntnis vom 24. 9. 2014, 2011/13/0074–5 ausdrücklich die folgenden Grundsätze festgehalten:
- Als Nachweis dafür, dass die mit dem Firmen-Pkw gefahrenen Privat-Kilometer den Grenzwert von 6.000 km pro Jahr nicht überschritten haben, muss kein “lückenloses Fahrtenbuch” geführt werden.
- Werden bei der GPLA Unterlagen vorgelegt, aus denen hervorgeht, dass die Differenz zwischen der Gesamtzahl der gefahrenen Kilometer und der nachgewiesenen beruflich veranlassten Fahrten den obigen Grenzwert von 6.000 km pro Jahr nicht überschreitet, so rechtfertigt dies, dass in der Lohnverrechnung der halbe Pkw-Sachbezug angesetzt wurde.
Fall 2: Lohnabrechnung eines Sachbezugs
Die Lohnabrechnung des Sachbezuges ist nicht zutreffend.
Begründung: Es wurde die sogenannte 20%-Regel nicht beachtet.
Gemäß § 53 Abs 1 ASVG darf der Dienstnehmerbeitrag zur Sozialversicherung nicht höher sein als 20 % der Geldbezüge des Dienstnehmers.
Das gilt nicht für den Wohnbauförderungsbeitrag (WF) sowie für die Arbeiterkammerumlage (KU) in Höhe von insgesamt 1 %. KU und WF sind stets in voller Höhe vom Dienstnehmer selbst zu tragen.
Einen die 20%-Grenze gegebenenfalls übersteigenden SV-Dienstnehmerbeitrag hat der Dienstgeber zu übernehmen.
Diese Bestimmung ist sehr häufig bei Teilzeit-Dienstnehmern, denen vom Dienstgeber ein Firmen-Pkw zur Verfügung gestellt wird, zu beachten.
So würde daher die korrekte Abrechnung lauten:
Der Dienstnehmerbeitrag zur Sozialversicherung beträgt EUR 161,50 (und nicht EUR 173,88), der sich wie folgt errechnet: 20% von EUR 750,00 (Geldbezug) + 1 % (WF + KU) von EUR 1.150,00 (Geld- und Sachbezug)
Fall 3: Sportsitz als Heilmittel?
Grundsatz: Der Sportsitz erhöht im Regelfall den abgabenpflichtigen Sachbezug, da er als Zubehör einzustufen ist.
Ausnahme: Wenn die folgenden 2 Voraussetzungen erfüllt sind, dann erhöht die Anschaffung des Recaro-Sitzes nicht den Sachbezug.
- Es liegt eine fundierte, ärztliche Bestätigung vor, dass der Sportsitz aus medizinischen Gründen (Rückenleiden) als Heilmittel dringend empfohlen wird UND
- der Sportsitz anlässlich von Privatfahrten ausgebaut wird.
Denken Sie an die – uE vergleichbare – Situation bei der Bildschirmbrille. Auch diese wird nach ärztlicher Verordnung vom Arbeitgeber bezahlt. Es liegt nur dann ein Sachbezug vor, wenn die Brille mit nach Hause mitgenommen wird, um bspw als private Lesebrille verwendet zu werden.
Ergebnis: Grundsätzlich ist der Recaro-Sitz ein Zubehör, daher sachbezugserhöhend. Das gilt nur dann nicht, wenn – was sehr sehr unrealistisch ist – dieser Sitz nicht für Privatfahrten verwendet wird.
Fall 1: Wenn nur dieser, erklärbare, formale Fehler der Zuordnung vorliegt, würde ich den halben Sachbezug trotzdem gewähren, da die geltende Grenze für
Privat-KM nicht überschritten wird. Der Mitarbeiter sollte sich mit Vorträgen ” Wie führe ich ein korrektes Fahrtenbuch” selbständig machen ;-).
Fall 2: SV mit 20 % Regel berechnen
Fall 3: Eine Brille ist grundsätzlich ein “Heilbehelf”. Eine Bildschirmbrille muss dazu noch besonderen Anforderungen entsprechen. Ein Sportsitz bleibt
in meiner Beurteilung ein Sportsitz, egal ob er der Gesundheit eines Mitarbeiters zuträglich ist oder nicht. Er wird ja auch als Sportsitz und nicht als
orthopädischer Gesundheitssitz vertrieben.
Hallo, H. P.
2 von 3 Ihrer Lösungen sind zur Gänze korrekt; bei einem Fallbeispiel ist die Lösung ein wenig abweichend vor Ihrer Einschätzung.
Beste Grüße
Ernst Patka
Fall 1: nicht korrekt. Es wurden zwei Fahrten falsch erfasst, keine Angaben darüber ob andere Formvorschriften nicht eingehalten wurden.
Fall 2: gute Frage, noch nie gehabt. Würde sagen nicht korrekt, Elternteilzeit ist ja im MSchG geregelt, daher SB SV frei.
Fall 3 : auch hier muss ich raten, nicht korrekt.
Wo grabt ihr immer die Sachverhalte aus?? Unglaublich, habe das Gefühl noch nie Lohnverrechnung gemacht zu haben.
Hallo Elly
Die “Quellen” unserer Beispiele sind (a) Beratungsanfragen und (b) Ideen aufgrund diverser Fachartikel bzw Judikate.
Beste Grüße
Ernst Patka
1) Nicht korrekt. Selbst wenn die KM betrieblich gewertet werden, kommt der MA nicht über 6000 km.
2) Nicht korrekt. 20%-Regel ist anzuwenden.
3) Korrekt.
Hallo, T. K.
2 von 3 Ihrer Lösungen sind zur Gänze korrekt; bei einem Fallbeispiel ist die Lösung ein wenig abweichend vor Ihrer Einschätzung.
Beste Grüße
Ernst Patka
Fall 2:
Beim Auszahlungsbetrag müsste dann noch vom Netto der Sachbezug abgezogen werden.
Brutto (ohne Sachbezug) 750,00
abzügl. Sozialversicherung 161,50
abzügl. Lohnsteuer 0,00
N e t t o (Auszahlungsbetr.) 588,50
Hallo Herr Fuchs,
Ihre Feststellung ist vollkommen richtig: Genau so käme man zum Nettobetrag.
Beste Grüße
Ernst Patka