Juli 12, 2021

25 Kommentare

Mit den Mon­tags­fäl­len (“MoFa”) prä­sen­tie­ren wir Ihnen inter­es­san­te und kniff­li­ge Fäl­le aus der Pra­xis für die Praxis.

Zunächst sind Sie gefor­dert

⇨ Beant­wor­ten Sie die am Ende des Bei­tra­ges gestell­te Fra­ge für sich oder im Team und schrei­ben Sie bit­te Ihre Ant­wort in die Kom­men­ta­re.

Am dar­auf­fol­gen­den Don­ners­tag-Vor­mit­tag wird Sie der News­let­ter mit dem Betreff­be­ginn: „MoFa‑L“ über die Lösung informieren.


Der Mon­tags­fall vom 12. Juli 2021

Die in Salz­burg-Stadt ansäs­si­ge Wohn­welt GmbH ist eine Waren­han­dels­ge­sell­schaft mit ins­ge­samt 43 Dienstnehmer*innen, die Wohn­ideen, Deko­ra­tio­nen, Heim­tex­ti­li­en etc teil­wei­se im Salz­bur­ger-Shop, über­wie­gend (zu ca 90%) über ihren Online­shop verkauft.

Für Mar­ke­ting­kon­zep­te, die Home­page-Betreu­ung und für die Medi­en­kom­mu­ni­ka­ti­on beschäf­tigt die Wohn­welt GmbH Herrn Karl-Fried­rich Wer­be­mann.

Karl-Fried­rich Wer­be­mann ist 
  • deut­scher Staats­bür­ger, 38 Jah­re alt, ver­hei­ra­tet, kinderlos;
  • Er wohnt in 83339 Chie­ming (= Fami­li­en­wohn­sitz), einem Ort am Chiemsee.
  • Er ist seit 1. März 2017 in der Wohn­welt GmbH beschäftigt.
  • In sei­nem Dienst­ver­trag ist gere­gelt, dass das Dienst­ver­hält­nis dienst­ge­ber­sei­tig zum 15. und Letz­ten eines Monats gekün­digt wer­den kann.

Da Karl-Fried­rich Werbemann 

  • sei­ne Auf­ga­ben (zB Home­page pfle­gen und aktua­li­sie­ren) auch von zu Hau­se auch erle­di­gen kann und
  • er sich hier­bei jeweils ca 100 Minu­ten Fahr­zeit (Chie­ming ⇨ Büro in Salz­burg ⇨ Chie­ming) erspart und im Som­mer die Mög­lich­keit hat, auf­grund fle­xi­bler Arbeits­zeit die Annehm­lich­kei­ten des schö­nen Chiem­sees zu genie­ßen,

schlos­sen auf sei­nem Wunsch hin er und die Wohn­welt GmbH eine unbe­fris­te­te, künd­ba­re Home-Office-Ver­ein­ba­rung, begin­nend mit 1. April 2019 ab.

Auf­grund die­ser Home-Office-Ver­ein­ba­rung arbei­tet Karl-Fried­rich Wer­be­mann jeweils 

  • am Mitt­woch und Don­ners­tag im Büro in Salz­burg und
  • am Mon­tag, Diens­tag und Frei­tag im Home-Office in Chieming. 

Die Home-Office-Ver­ein­ba­rung ent­hält ua die fol­gen­de Bestim­mung:

Es wird gemäß Art 3 Rom-I-VO ver­ein­bart, dass für die gesam­te Tätig­keit, dh auch für den im Home-Office im Aus­land erbrach­ten Tätig­keits­teil, öster­rei­chi­sches Arbeits­recht Gel­tung haben soll.“ 

Hin­weis:

Die Bezugs­ab­rech­nung ist NICHT The­ma die­ses Montagsfalles!

Nähe­re Infos, wie Bezü­ge für Dienst­neh­mer mit Home-Office im Aus­land abga­ben­recht­lich abzu­rech­nen sind, fin­den Sie im „Home-Office-Son­der­heft“ der Per­so­nal­ver­rech­nung für die Pra­xis (= Mai 2021-Ausgabe). 

Die Zusam­men­ar­beit zwi­schen Karl-Fried­rich Wer­be­mann und dem Geschäfts­füh­rer Franz Tuch­mann wird zuneh­mend schwie­ri­ger.

Für Medi­en- und Mar­ke­ting­ak­tio­nen erstellt Karl-Fried­rich Wer­be­mann Kon­zep­te, die auf einer sehr pro­gres­si­ven Wer­be­li­nie beru­hen. Die­se Wer­be­li­nie passt jedoch nach Ansicht des Geschäfts­füh­rers Franz Tuch­mann nicht zum über­wie­gend kon­ser­va­ti­ven Kun­den­kreis der Wohn­welt GmbH.

Es kommt immer wie­der zu hit­zi­gen Dis­kus­sio­nen zwi­schen dem Geschäfts­füh­rer Franz Tuch­mann und Karl-Fried­rich Werbemann. 

Am 29. Okto­ber (Frei­tag) 2021 fin­det eine Tele­fon­kon­fe­renz zwi­schen dem Geschäfts­füh­rer Franz Tuch­mann, Frau Mag­da Ven­de­re (für den Onlin­ever­kauf zustän­di­ge Mit­ar­bei­te­rin) und dem an die­sem Tag im Home-Office arbei­ten­den Karl-Fried­rich Wer­be­mann statt.

Wäh­rend die­ser Tele­fon­kon­fe­renz eska­liert das „Wer­be­li­ni­en­streit“ zwi­schen Karl-Fried­rich Wer­be­mann und dem Geschäfts­füh­rer Franz Tuch­mann.

Der Geschäfts­füh­rer Franz Tuch­mann been­det die­ses Gespräch vor Zeu­gen (= Mag­da Ven­de­re) mit fol­gen­der (Kündigungs)Aussage:

Herr Karl-Fried­rich Wer­be­mann, es ist bes­ser, wir gehen künf­tig getrenn­te Wege. Hier­mit kün­di­ge ich Sie vor Zeu­gen. Auf­grund der 2‑monatigen Kün­di­gungs­frist endet Ihr Dienst­ver­trag am 31. Dezem­ber 2021.“

Karl-Fried­rich Wer­be­mann bringt bei Gericht eine Anfech­tungs­kla­ge ein, wonach 

a)

sei­ne Kün­di­gung rechts­wid­rig erfolg­te und 

b)

sein Dienst­ver­hält­nis daher unver­än­dert auf­recht sei


➪ Fra­ge an Sie:

Kön­nen Sie dem ver­un­si­cher­ten Geschäfts­füh­rer Franz Tuch­mann hel­fen und die Fra­ge beantworten?:

Ist sei­ne Kün­di­gung des Karl-Fried­rich Werbemann 

  • rechts­wid­rig ODER
  • recht­lich kor­rekt?

Ich freue mich auf Ihren Lösungs­vor­schlag in den Kom­men­ta­ren!. Begrün­den Sie bit­te Ihre Entscheidung.


➪ Die Lösung:

Die­ser Mon­tags­fall ist eine War­nung an alle Unter­neh­men, die über­le­gen, Dienst­neh­mer mit Wohn­sitz im EU-Aus­land zu erlau­ben, im Home-Office zu arbeiten. 

Sozi­al­ver­si­che­rungs­recht­li­che Herausforderung

Weit­ge­hend bekannt ist die sozi­al­ver­si­che­rungs­recht­li­che Her­aus­for­de­rung, wonach auf die „25%-Regel“ zu ach­ten ist.

Bei einer Tätig­keit in meh­re­ren Mit­glied­staa­ten ist gemäß Art 13 der VO 883/2004 der Dienst­neh­mer dann in sei­nem EU-Wohn­sitz­staat zu ver­si­chern, wenn er im Wohn­sitz­staat einen wesent­li­chen Teil all sei­ner Dienst­neh­mer­tä­tig­kei­ten (= min­des­tens 25 % gemes­sen an der Arbeits­zeit wäh­rend eines 12-Monats­zeit­rau­mes; umfasst auch die Neben­jobs im Wohn­sitz­staat) ausübt.

Trifft dies zu – wie bspw in die­sem Mon­tags­fall –, dann muss der öster­rei­chi­sche Dienst­ge­ber den Dienst­neh­mer im Wohn­sitz­staat des Dienst­neh­mers ver­si­chern ➪ Dienst­neh­mer ist im Wohn­sitz­staat den Sozi­al­ver­si­che­rungs­be­hör­den zu mel­den + Bei­trags­ab­fuhr gemäß Rechts­vor­schrif­ten des Wohnsitzstaates.

Lohn­steu­er­li­che Herausforderung

Auch die­se Her­aus­for­de­rung ist den Unter­neh­men, die Dienst­neh­mer mit Wohn­sitz im EU-Aus­land gestat­ten, im Home-Office tätig zu sein, bekannt:

Die Tätig­keits­ta­ge in Öster­reich sind in der Lohn­ver­rech­nung lohn­steu­er­lich zu erfas­sen. Fal­len in einem Monat sowohl Öster­reich-Tätig­keits­ta­ge, als auch Home-Office-Tage im Aus­land an, dann ist für die Besteue­rung der in Öster­reich antei­lig zu ver­steu­ern­den Bezugs­tei­le die Tages­lohn­steu­er­ta­bel­le zu verwenden.

Gleich­zei­tig kann (und soll­te) der Dienst­ge­ber in der öster­rei­chi­schen Lohn­ver­rech­nung – sofern eine Ansäs­sig­keits­be­schei­ni­gung, aus­ge­stellt vom Wohn­sitz­staat vor­liegt – eine Lohn­steu­er­frei­stel­lung für die Home-Office-Arbeits­ta­ge durchführen. 

Damit der Dienst­ge­ber die Lohn­ver­rech­nung kor­rekt durch­füh­ren und die Abga­ben­zu­stän­dig­kei­ten in der Sozi­al­ver­si­che­rung und der Steu­er beur­tei­len kann, benö­tigt er eine Auf­zeich­nung darüber, 

a) an wel­chen Tagen im aus­län­di­schen Home-Office gear­bei­tet wur­de und (falls überhaupt) 

b) an wel­chen Tagen beim Dienst­ge­ber in Öster­reich

Arbeits­recht­li­che Herausforderung

Die­se Her­aus­for­de­rung ist den Unter­neh­men, die Dienst­neh­mer mit Wohn­sitz im Aus­land gestat­ten, im Home-Office tätig zu sein, weni­ger bekannt:

Hier ist die 50%-Grenze zu beach­ten ➪ Arbei­tet der Dienst­neh­mer über­wie­gend im Home-Office (Aus­land), dann 

  •  gilt gemäß Rom-I-Ver­ord­nung das Arbeits­recht des Dienst­neh­mer-Hei­mat­staa­tes(!)außer es wur­de in der Home-Office-Ver­ein­ba­rung eine Rechts­wahl – wie im vor­lie­gen­den Mon­tags­fall – getrof­fen, die wie folgt for­mu­liert wer­den könnte: 

Es wird ver­ein­bart, dass für die gesam­te Tätig­keit, dh auch für den im Home-Office im Aus­land erbrach­ten Tätig­keits­teil, öster­rei­chi­sches Arbeits­recht Gel­tung haben soll.“

  •  Beach­ten Sie: Arbei­tet der Dienst­neh­mer im Aus­land und wird hier­bei die aus­drück­li­che Rechts­wahl getrof­fen, dass öster­rei­chi­sches Arbeits­recht anzu­wen­den ist, dann gel­ten den­noch die zwin­gen­den aus­län­di­schen Dienst­neh­mer-Schutz­vor­schrif­ten (= Ein­griffs­nor­men), die den Dienst­neh­mer im Ver­gleich zur öster­rei­chi­schen Rechts­ord­nung bes­ser stel­len (sie­he letz­ter Satz des Art 8 Abs 1 der Rom-I-VO).
  •  Ein­griffs­nor­men gemäß Art 9 der Rom-I-VO sind somit

a) natio­na­le arbeits­recht­li­che Bestim­mun­gen, die
b) im öffent­li­chen Inter­es­se
c) den Dienst­neh­mer schützen.

In die­sem Fall hat die Wohn­welt GmbH 

  • Karl-Fried­rich Wer­be­mann gestat­tet, über­wie­gend in Deutsch­land (Home-Office) zu arbei­ten und
  • mit ihm ver­ein­bart, dass trotz über­wie­gen­der Tätig­keit im Aus­land öster­rei­chi­sches Arbeits­recht gilt.

Ach­tung:

Trotz die­ser Rechts­wahl gel­ten den­noch deut­sche Ein­griffs­nor­men, die für den Dienst­neh­mer bes­ser­stel­lend sind, wie bspw das deut­sche Kün­di­gungs­recht.

Da das deut­sche Kün­di­gungs­recht aus Sicht des Dienst­neh­mers güns­ti­ger ist als das öster­rei­chi­sche Kün­di­gungs­recht, ist das deut­sche Kün­di­gungs­recht trotz Rechts­wahl vor­ran­gig gegen­über dem öster­rei­chi­schen Kün­di­gungs­recht anzuwenden! 

Dies bedeu­tet für die Lösung des Mon­tags­falls:

nach deut­schem Kün­di­gungs­recht ist eine münd­li­che Kün­di­gung rechts­un­wirk­sam  sie­he das fol­gen­de Zitat aus: https://www.arbeitsrechte.de/kuendigung-per-telefon/  

Pra­xis-Tipps bei über­wie­gen­dem Home-Office 

  1. Infor­mie­ren Sie sich, ob es im Wohn­sitz­staat des Dienst­neh­mers, dem Sie gestat­ten, im Home-Office tätig zu sein, Ein­griffs­nor­men gibt, die den Dienst­neh­mer gegen­über dem öster­rei­chi­schen Recht arbeits­recht­lich bes­ser­stel­len.

  2. Die­se bes­ser­stel­len­den aus­län­di­schen Ein­griffs­nor­men (wie bspw das deut­sche Kün­di­gungs­recht) gel­ten auch dann, wenn in der Home-Office-Ver­ein­ba­rung öster­rei­chi­sches Arbeits­recht ver­ein­bart wurde

  3. Ansprech­stel­len für Mit­glie­der der Wirt­schafts­kam­mer hin­sicht­lich aus­län­di­sche Ein­griffs­nor­men sind die Außen­han­dels­stel­len der Wirtschaftskammer.

  4. Hat Ihr Dienst­neh­mer einen Wohn­sitz in Deutsch­land und arbei­tet er über­wie­gend im deut­schen Home-Office, dann soll­ten Sie sich unbe­dingt mit dem deut­schen Kün­di­gungs­recht befas­sen, denn die­ses ist dienst­neh­mer­freund­li­cher (= bes­ser­stel­lend) im Ver­gleich zum öster­rei­chi­schen Kün­di­gungs­recht.

  5. Erhält der Dienst­neh­mer einen Bezug, der deut­lich über dem Kol­lek­tiv­ver­trag liegt, ist denk­bar, all­fäl­li­ge Ansprü­che aus aus­län­di­schen Ein­griffs­nor­men mit einer ent­spre­chend for­mu­lier­ten All-In-Ver­ein­ba­rung „abzu­fan­gen“.
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  1. Ich den­ke die Kün­di­gung ist recht­lich kor­rekt. Der Ange­stell­te befin­det sich im 5. Dienst­jah­re, wel­ches aber erst mit März 22 5 Jah­re ange­dau­ert haben wird. Somit hat er 2 Mona­te Kün­di­gungs­frist, die bei einer Kün­di­gung am 29. Okto­ber ja auch ein­ge­hal­ten wird. Eben­so ist der Kün­di­gungs­ter­min mit 31. Dezem­ber kor­rekt. Es gibt kei­ner­lei Anga­ben, dass das Unter­neh­men einen BR hat, somit fal­len diver­se Ver­stän­di­gungs­fris­ten weg. Vom öster­rei­chi­schen Ange­stell­ten­ge­setz abwei­chen­de Rege­lun­gen laut KV sind auch nicht erwähnt.

  2. Es ist kei­ne Rede von einem Betriebs­rat, was ein Kü-Vor­ver­fah­ren zur Fol­ge hätte.
    Die Kü-Frist von 2 Mona­ten zum Monats­letz­ten ist bei eine Dienst­zeit unter 5 Jah­ren kor­rekt, auch ist die Kü — vor Zeu­gen — zuge­gan­gen, wes­halb die­se recht­lich kor­rekt erfolgt ist.

  3. Aus mei­ner Sicht ist die Kün­di­gung in jedem Fall rechts­wid­rig, sobald es einen Betriebs­rat gibt. Gem. § 105 ArbVG muss der AG vor jeder Kün­di­gung den BR zu ver­stän­di­gen und die­ser hat eine Woche Zeit eine Stel­lung­nah­me zu ver­fas­sen. Der Betriebs­in­ha­ber hat auf Ver­lan­gen des Betriebs­ra­tes mit die­sem inner­halb der Frist zur Stel­lung­nah­me über die Kün­di­gung zu bera­ten. Eine vor Ablauf die­ser Frist aus­ge­spro­che­ne Kün­di­gung ist rechts­un­wirk­sam, es sei denn, dass der Betriebs­rat eine Stel­lung­nah­me bereits abge­ge­ben hat. Dies ist laut Sach­ver­halt kei­nes­falls ein­ge­hal­ten worden.

    Betrie­ben, in denen ein Betriebs­rat zu errich­ten ist, aber kei­ner besteht, kann der betrof­fe­ne Arbeit­neh­mer bin­nen zwei Wochen nach Zugang der Künd­ig­ung die­se beim Gericht anfechten.

    Die Kün­di­gung könn­te auch ange­foch­ten wer­den, wenn sie sozi­al unge­recht­fer­tigt ist. Die Mei­nungs­ver­schie­den­hei­ten zwi­schen Geschäfts­füh­rer und Mit­ar­bei­ter bewei­sen noch nicht, dass die betrieb­li­chen Inter­es­sen nach­tei­lig berührt wer­den. Betrieb­li­che Erfor­der­nis­se gibt es dadurch auch nicht.

    1. Hal­lo Frau Behr,
      soviel kann ich Ihnen jetzt schon verraten:
      1. Im Unter­neh­men exis­tiert kein Betriebs­rat — daher ist auch kein Kün­di­gungs­vor­ver­fah­ren einzuhalten.
      2. Es liegt kein Grund einer Kün­di­gungs­an­fech­tung wegen Sozi­al­wid­rig­keit vor.

  4. auf­grund der Anga­ben, wür­de ich mei­nen, dass die Kün­di­gung kor­rekt ist

    Fris­ten und Ter­mi­ne wur­den ein­ge­hal­ten, BR wur­de nicht erwähnt.

    1. Hal­lo Frau Pfneiszl,
      soviel kann ich Ihnen heu­te ver­ra­ten: Im Unter­neh­men exis­tiert kein Betriebs­rat und daher ist auch kein Kün­di­gungs­vor­ver­fah­ren einzuhalten.

  5. Ich den­ke, die Kün­di­gung ist rechts­wid­rig, da die Rechts­wahl gem. Art 3 Rom-I-VO sich auf die Home­of­fice-Tätig­keit bezieht und somit die freie Rechts­wahl nicht auf den “gänz­li­chen” Dienst­ver­trag bzw kon­kret auf die Kün­di­gungs­be­stim­mun­gen aus­drück­lich erfolg­te. (Die For­mu­lie­rung glau­be ich, ist zu schwach aus­ge­prägt, in dem ver­ein­bart ist, dass österr. Arbeits­recht Gel­tung haben soll. Was gilt dann wirk­lich, wenn es soweit ist?)

    Daher man­gels Rechts­wahl gem Art 4 Rom-I-VO unter­liegt der Dienst­ver­trag dem Recht des Staa­tes, in dem der Dienst­leis­ter (Arbeit­neh­mer) sei­nen gewöhn­li­chen Auf­ent­halt hat sprich Deutschland.

    In Deutsch­land gel­ten ande­re Kün­di­gungs­fris­ten, ‑ter­mi­ne oder ‑grün­de wodurch u.a. bei fal­schem Been­di­gungs­ter­min der Arbeit­neh­mer eine Kla­ge ein­rei­chen soll­te, ansons­ten gilt die Kün­di­gung mit fal­schem Been­di­gungs­zeit­punkt als wirksam.

    1. Hal­lo Frau Berlakovich,
      was ich vor­ab ver­ra­ten kann: Es liegt eine rechts­gül­ti­ge und wirk­sa­me Rechts­wahl gemäß Art 3 Rom-I-VO vor, wonach öster­rei­chi­sches Arbeits­recht gilt.

  6. Ich schlie­ße mich der vor­he­ri­gen Mei­nung an. Gehe davon aus, dass mit der Formulierung
    „Es wird gemäß Art 3 Rom-I-VO ver­ein­bart, dass für die gesam­te Tätig­keit, dh auch für den im Home-Office im Aus­land erbrach­ten Tätig­keits­teil, öster­rei­chi­sches Arbeits­recht Gel­tung haben soll”
    etwas falsch gelau­fen ist und daher deut­sches Recht zur Anwen­dung kommt. Zumal der Dienst­neh­mer sich am Tag des Aus­spruchs der Kün­di­gung sich an sei­nem deut­schen Wohn­sitz befun­den hat.

    1. Hal­lo Frau Elly,
      soviel kann ich Ihnen ver­ra­ten: Es liegt eine rechts­gül­ti­ge und wirk­sa­me Rechts­wahl gemäß Art 3 Rom-I-VO vor, wonach öster­rei­chi­sches Arbeits­recht gilt.

  7. Der Kün­di­gungss­aus­spruch erfolg­te aus Sicht der österr. Arbeits­recht ter­min­ge­recht, BR wur­de ja kei­ner erwähnt.
    Der Österr. KV Han­del Ange­stell­te ver­langt kei­ne schrift­li­che Kün­di­gung, womit auch ein münd­li­cher Kün­di­gungs­aus­spruch okay gehen würde.
    Bei der Arbeits­rechts­wahl wur­de das Österr. Arbeits­recht vereinbart,
    jedoch sind “zwin­gen­de AN-Schutz­be­stim­mun­gen” im Tätig­keits­staat (hier DE) zu beachten.
    Gemäß Recher­che Wikipedia :
    https://de.wikipedia.org/wiki/K%C3%BCndigung_(deutsches_Arbeitsrecht)
    steht dort:
    “Die Kün­di­gung eines Arbeits­ver­tra­ges bedarf zu ihrer Wirk­sam­keit der SCHRIFT­FORM (§ 623 i. V. m. § 126 BGB). Dies bedeu­tet, dass die Kün­di­gung vom Kün­di­gen­den bzw. einem gesetz­li­chen oder bevoll­mäch­tig­ten Ver­tre­ter eigen­hän­dig unter­schrie­ben sein muss. Eine blo­ße Para­phe reicht nicht aus. Wenn der Kün­di­gen­de nicht selbst oder durch einen Ver­tre­ter unter­schreibt, ist die Kün­di­gung formunwirksam. ”

    Ich befürch­te, dass des­we­gen die Kün­di­gung trotz­dem nicht rechts­wirk­sam ist.

    1. Hal­lo Frau Melcher,
      soviel kann ich verraten:
      Im Unter­neh­men exis­tiert kein Betriebs­rat und es trifft zu, dass der Kol­lek­tiv­ver­trag Han­del kei­ne Form­vor­schrif­ten für Dienst­ge­ber­kün­di­gun­gen vor­sieht. Daher ist auch eine münd­li­che Kün­di­gung rechts­wirk­sam möglich.

      1. Es bleibt span­nend! Wäre es ein rein öster­rei­chi­scher Fall, und dabei waren sich auch die ande­ren Vor-Pos­ter einig, wäre das Kün­di­gungspro­ce­de­re okay.
        Da der DN aber 3 Tage die Woche in Deutsch­land arbei­tet, wird man wohl zusätz­lich auch die bes­ser­stel­len­den deut­schen Rechts­nor­men beach­ten müs­sen. Der DN war zum Zeit­punkt des Kün­di­gungs­aus­spru­ches in Deutsch­land. Hier, so ver­mu­te ich, liegt die Schwach­stel­le und die Münd­lich­keit reicht des­we­gen nicht.

  8. Rechts­wid­rig
    Ich seh hier das Pro­blem, dass in einem Güns­tig­keits­ver­gleich das gewähl­te Öster­rei­chi­sche Arbeits­recht nicht den deut­schen Bestim­mun­gen (dort arbei­tet der AN laut Anga­be über­wie­gend, wenn auch im HO) stand­hält. Der Arbeit­neh­mer wird schlech­ter gestellt, als es ohne Rechts­wahl der Fall gewe­sen wäre. Nach deut­schen Recht besteht bei Kün­di­gun­gen ein Schrift­form­ge­bot § 623 BGB — Schrift­form liegt hier jedoch ein­deu­tig nicht vor.

    1. Hal­lo Frau Timm,
      eine inter­es­san­te Argu­men­ta­ti­on; zu klä­ren wäre dann, ob das gesam­te öster­rei­chi­sche Arbeits­recht ver­gli­chen wird mit dem deut­schen Arbeits­recht und immer dann, wenn das deut­sche Recht güns­ti­ger ist, wird dies in jedem Fall angewandt?
      ODER wer­den nur bestimm­te Tei­le des öster­rei­chi­schen Arbeits­rechts ver­gli­chen wird mit den ent­spre­chen­den Tei­len des deut­schen Arbeitsrechts?

  9. Ich den­ke, dass die Kün­di­gung mit allen ange­führ­ten Infor­ma­tio­nen ok ist. Es wäre aller­dings zu prü­fen, ob in der Home­of­fice-Ver­ein­bar­rung eine Kün­di­gung des Dienst­ver­hält­nis­ses auto­ma­tisch die HO Ver­ein­ba­rung been­det. Das könn­te m.E. noch ein Pro­blem sein.

  10. Es kommt dar­auf an, ob im Arbeits­ver­trag fest­ge­hal­ten wur­de, dass jeg­li­che Ände­run­gen des Dienst­ver­tra­ges schrift­lich erfol­gen müs­sen. Dann wür­de mir hier die Schrift­form feh­len und somit wäre die Kün­di­gung rechts­wid­rig. Falls dies nicht im Dienst­ver­trag fest­ge­hal­ten wur­de, ist es auch münd­lich mög­lich und mM sind alle Rah­men­be­din­gun­gen (Fris­ten, Zeu­gen, kei­ne Sozi­al­wid­rig­keit, kein Betriebs­rat, österr. Arbeits­recht) ein­ge­hal­ten und die Kün­di­gung rechtswirksam.

  11. Tja, da kommt aber noch etwas dazu, näm­lich Art 11 Abs 3 Rom-I-VO: Danach ist die Kün­di­gung als ein­sei­ti­ges Rechts­ge­schäft, “das sich auf einen geschlos­se­nen Ver­trag bezieht”, auch dann form­gül­tig, wenn die Kün­di­gung “den Form­erfor­der­nis­sen des Staa­tes erfüllt, in dem die­ses Rechts­ge­schäft vor­ge­nom­men wor­den ist”.

    Art 11 Abs 3 Rom-I-VO wird durch (deut­sche) Ein­griffs­nor­men nicht auf­ge­ho­ben (vgl auch Art 11 Abs 1 dEGBGB). Damit ist die in Öster­reich münd­lich aus­ge­spro­che­ne Kün­di­gung rechts­wirk­sam, weil in Öster­reich kein Schrift­form­ge­bot besteht.

    1. Hin­weis an die Lese­rin­nen und Leser die­ses BLOGs: Es freut mich sehr, dass die­ser Mon­tags­fall sogar von Arbeits­rechts-UNI-Pro­fes­so­ren gele­sen und kom­men­tiert wird.

      Herr Assoz. Prof. PD Mag. Dr. Flo­ri­an Bur­ger ist als Insti­tuts­lei­ter am Insti­tut für Arbeits­recht, Sozi­al­recht und Rechts­in­for­ma­tik Leo­pold-Fran­zens-Uni­ver­si­tät Inns­bruck tätig UND er hat 2020 habi­li­tiert – und nun raten Sie, in wel­chem Rechts­ge­biet? Habi­li­ta­ti­on für “Öster­rei­chi­sches und Euro­päi­sches Arbeits- und Sozialrecht”

      Er ist daher einer der weni­gen Exper­ten, die in dem euro­päi­schen Arbeits­rechts­dschun­gel den unein­ge­schränk­ten Durch­blick haben. Daher ist sein Hin­weis, für den Per­so­nal­lei­ter im Mon­tags­fall sehr hilf­reich um gege­be­nen­falls zu ret­ten, was noch zu ret­ten ist. Vie­len Dank dafür

      Nähe­re Infos zur Per­son und sei­ner beein­dru­ckend umfas­sen­den Publi­ka­ti­ons­lis­te fin­den Sie hier: https://www.uibk.ac.at/arbeitsrecht/institut/mitarbeiter/burger.html

      Hier­zu ergän­zend erin­ne­re ich an mei­ne Emp­feh­lung bei über­wie­gen­der Home-Office-Tätig­keit im Dienst­neh­mer-Wohn­sitz­staat: Infor­mie­ren Sie sich, ob es im Wohn­sitz­staat des Dienst­neh­mers, dem Sie gestat­ten, im Home-Office tätig zu sein, Ein­griffs­nor­men gibt, die den Dienst­neh­mer gegen­über dem öster­rei­chi­schen Recht arbeits­recht­lich bes­ser­stel­len (ins­be­son­de­re betrifft dies bspw das deut­sche Kündigungsrecht).

      Die­se bes­ser­stel­len­den aus­län­di­schen Ein­griffs­nor­men gel­ten auch dann, wenn in der Home-Office-Ver­ein­ba­rung öster­rei­chi­sches Arbeits­recht ver­ein­bart wurde.

      Ich stre­be an, das Fach­wis­sen des Dr Bur­ger für einen Prak­ti­ker­ar­ti­kel zum Home-Office im Aus­land zu nut­zen und wer­de ihn ersu­chen, einen ent­spre­chen­den Bei­trag in der Per­so­nal­ver­rech­nung für die Pra­xis (Ver­lag Lexis­Ne­xis) zu schrei­ben. Drü­cken Sie mir die Dau­men, dass die­ser Wunsch an das „Inns­bru­cker Christ­kind“ in Erfül­lung geht ?)

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