Das hängt vom Zweck der § 3 EStG-Steuerbefreiung ab!
Sachverhalt:
An einem gemäß § 3 Abs 1 Z 15c EStG steuerbegünstigten Aktienoptionsprogramm
nahmen teil:
- leitende Angestellte bzw. Manager mit Schlüsselpositionen, die nach dem Bewertungssystem von HAY bestimmt wurden,
- ferner sog. „young talents“, das sind Personen unter 35, die an einem Managementprogramm teilgenommen haben
Die Finanz anerkannte die Steuerbefreiung nicht, mit dem bekannten Argument: „leitende Angestellte sind keine nach betriebsbezogenen Kriterien gebildete Gruppe“.
Das Urteil des VwGH vom 27. Juli 2016, 2013/13/0069
Die generelle Aussage der Finanz, dass leitende Angestellte keine steuerbegünstigte Gruppe sind, ist unzutreffend.
Die Kernsätze des Urteils:
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Die Bildung einer Arbeitnehmergruppe muss sachlich begründbar und darf nicht willkürlich sein.
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Die Auffassung, dass der Gesetzgeber in allen § 3 EStG Begünstigungen
den Begriff „Gruppe“ gleich interpretiert haben möchte (zuletzt Fuchs in Hofstätter/Reichel, EStG Kommentar, § 3 Tz 20.1) teilt der VwGH nicht. Die angesprochenen § 3 EStG Begünstigungen sind beispielsweise:
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Ob die Gruppenbildung sachlich begründbar ist, hängt nach Ansicht des VwGH im Einzelfall auch von der Art des mit der Gruppenzugehörigkeit verbundenen Vorteils und vom Zweck der Steuerbefreiung ab.
Er begründet dies mit dem zutreffenden Hinweis auf das Steuerreformgesetz 2009, BGBl I Nr. 26, das die Steuerbefreiung von
Zuschüssen für die Kinderbetreuung (§ 3 Abs. 1 Z 13 lit. b EStG 1988)
einführte. In der Regierungsvorlage steht, dass der „Kreis der
Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer mit Kindern bis 10 Jahren“ gelte „als Gruppe im Sinne dieser Bestimmung„. Eine derartige Gruppe erfüllt das Gruppenbildungskriterium „Betriebsbezogenheit“ der Gruppenmerkmale nicht. Daher leitet der VwGH seine Feststellung ab, dass dann, wenn der Zweck der Steuerbefreiung beispielsweise eine Sozialleistung ist, bei der steuerlichen Begünstigung dieser Sozialleistung auch soziale Merkmale als Gruppenmerkmale anerkannt werden müssen.
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Für den konkreten Fall heißt dies: Die Ansicht der Finanz, nur eine Differenzierung nach der „Art der ausgeübten Tätigkeit“ könne zu einer „sachlich gerechtfertigten Gruppenbildung“ führen, ist in dieser absoluten Form unzutreffend. Die Regierungsvorlage zum Kapitalmarktoffensive-Gesetz, mit der die Steuerbefreiung für nicht übertragbare Optionen eingeführt wurde, hält fest, dass das Gesetz beabsichtigt, die steuerlichen Rahmenbedingungen für Mitarbeiterbeteiligungen, die zu einer erhöhten Motivation der Mitarbeiter führen und Österreich hochqualifizierte Arbeitskräfte sichern werde, zu verbessern.
Da der Zweck der Steuerbefreiung mitbeeinflusst, ob eine sachlich
begründbare und nicht willkürliche Gruppenbildung vorliegt oder
nicht, hätte die Finanz bei der Prüfung, ob die Gruppenbildung für
das Stock-Option-Programm sachlich begründet war,
berücksichtigen müssen, welchen Zweck und Wirkungsweise die
hierfür vorgesehene Steuerbegünstigung hat.
Hinweise für die Praxis
- 1Nach Ansicht des VwGH kann die Steuerfreiheit des Vorteils aus der Optionsausübung (§ 3 Abs 1 Z 15 lit c EStG) nicht mit der Begründung versagt werden, dass die Teilnahmemöglichkeit am Optionsprogramm auf Angehörige des Managements (nach dem Stellenbewertungssystem der „Hay Group“) eingeschränkt sei und die Gruppe des Managements (= leitende Angestellte) keine betriebsbezogene Differenzierung innerhalb der Großgruppe der Angestellten darstelle.
- 2Die „Betriebsbezogenheit“ der Gruppenmerkmale ist somit nicht unbedingt erforderlich und nur bei der Prüfung von Bedeutung, ob die Gruppenbildung sachlich begründbar ist. Ob eine Gruppenbildung sachlich begründbar ist, hängt im Einzelfall aber auch ab
- 3Eine willkürliche Gruppenbildung – etwa aufgrund persönlicher Vorlieben oder Nahebeziehungen – schließt die Steuerbefreiung aus.