Bei einer Entlassung können die Emotionen hochgehen – das zeigte erst kürzlich der Eklat rund um die Abberufung des Krages-Chefs. Aber was ist in dieser heiklen Situation rechtens? Und was geht zu weit?
Wer entlassen wird, muss den Arbeitsplatz sofort räumen – auch wenn die Fristlose strittig ist.
Tipps und Hinweise für die Praxis
Dieser Artikel ist entnommen aus „Die Presse“ Ausgabe vom 12.4.2017. Die Presse veröffentlicht jeden Donnerstag spannende Artikel rund um das Arbeitsrecht. Nähere Informationen finden Sie hier
Die Entlassung des burgenländischen Krankenanstalten-Chefs Rene Schnedl hat viel Staub aufgewirbelt. Die Gründe sind umstritten, eine gerichtliche Auseinandersetzung dürfte unausweichlich sein. Aufregung gab es auch über die Vorgangsweise beim Überbringen der schlechten Nachricht: Laut Medienberichten endete der Versuch, Schnedl den Entlassungsbrief daheim zuzustellen, mit einer Anzeige wegen versuchten Hausfriedensbruchs. Vertreter des Landes sprechen indes von einem normalen Prozedere und weisen alle Vorwürfe zurück.
Auch das wird wohl noch die Gerichte beschäftigen. Losgelöst vom Einzelfall, stellt sich jedoch für Unternehmen und Arbeitnehmer die Frage: Was ist in einer solchen Situation rechtens? Wie ist bei einer Entlassung vorzugehen – und was geht zu weit?
Muss eine Fristlose wirklich sofort persönlich zugestellt werden?
In Österreich gibt es keine gesetzliche Frist für den Arbeitgeber, um eine Entlassung auszusprechen. Hat man einen Entlassungsgrund festgestellt, muss man unverzüglich handeln, sonst verwirkt man sein Entlassungsrecht. Denn dass eine Weiterbeschäftigung unzumutbar ist, ist die einzige Rechtfertigung für eine Fristlose. Das heißt aber auch,
dass die Zeit weniger drängt, wenn der Arbeitnehmer nicht am Arbeitsplatz, sondern etwa im Krankenstand ist. Je nach Lage des Falles könne dann selbst ein Zuwarten bis zur Rückkehr in die Firma vertretbar sein, sagt Rechtsanwalt Stephan Nitzl, Partner bei DLA Piper. Schickt man dem Mitarbeiter den Entlassungsbrief per Boten, bleibt die Unverzüglichkeit auch dann gewahrt, wenn der Adressat die Tür nicht aufmacht bzw. den Brief nicht annimmt (aus Beweisgründen sollte ein Zeuge dabei sein). Man könne ihm das Schreiben dann mit der Post schicken oder es ihm in die Hand drücken, sobald er sich gesund meldet, sagt Nitzl. Strittig kann dann höchstens der Zeitpunkt sein, zu dem die Entlassung wirksam wird. Ein Versuch, die Wohnung zu „stürmen“, ginge aber auf jeden Fall zu weit. „Und man kann auch keine Hausdurchsuchung machen, um Firmeneigentum abzuholen“, sagt der Anwalt.
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Und wenn der Arbeitgeber Datenklau befürchtet?
Auch das rechtfertigt keine Verletzung des Hausrechts. Hat der Ex- Mitarbeiter Unterlagen, Firmenlaptop und Diensthandy daheim und gibt sie nicht heraus, bleibt dem Arbeitgeber nur der Klagsweg oder – bei Gefahr im Verzug – das Erwirken einer einstweiligen Verfügung.
Aber an und für sich sind Handy und Laptop sofort abzugeben?
Ja. Bei einer Entlassung, die am Arbeitsplatz ausgesprochen wird, muss der Betroffene den Schreibtisch räumen und Betriebsmittel und Schlüssel abgeben. Fürs Abholen persönlicher Dinge, von der Topfpalme bis zu privaten Bildern und Büchern, steht ihm eine angemessene Frist zu, üblich ist eine Woche. Das Firmenauto ist sofort weg, selbst wenn die private Nutzung vereinbart war. Denn mit dem Dienstvertrag erlischt auch das Nutzungsrecht. „Man muss den Entlassenen auch nicht mehr damit heimfahren lassen“, sagt Nitzl. Wohl aber sollte er jemanden anrufen dürfen, der ihn abholt.
Was geschieht mit privaten Daten auf Firmengeräten?
War die private Nutzung von Handy und Laptop erlaubt, hat der Ex- Mitarbeiter ein Anrecht auf seine privaten Dokumente. Üblich ist, dass er sie unter Aufsicht auf einen Stick laden darf oder die IT-Abteilung das übernimmt. War die Privatnutzung verboten, könne man es dem Arbeitgeber kaum vorwerfen, wenn er einfach alle Inhalte löscht, sagt
Nitzl. „Dann durfte er ja davon ausgehen, dass sich nichts Privates auf den Geräten beendet.“ Einsehen darf er Privates aber auch dann nicht. Generell sind beide Seiten gut beraten, Berufliches und Privates strikt zu trennen. Freilich kann die Abgrenzung strittig sein: „Vertriebsmitarbeiter argumentieren oft, dass sie mit ihren Kunden auch privat befreundet sind und die Kontaktdaten deshalb brauchen.“ Derlei landet oft vor
Gericht – mit ungewissem Ausgang.
Und wenn der Mitarbeiter die Entlassung für unberechtigt hält?
Dann muss er den Arbeitsplatz trotzdem räumen und das Firmeneigentum zurückgeben. Denn eine Entlassung ist im Normalfall sofort wirksam (Ausnahme: Mitarbeiter mit Entlassungsschutz, etwa während der Elternteilzeit). Das gilt auch, wenn sie ungerechtfertigt ist.
Dagegen wehren kann man sich nur vor Gericht. Wurde man im Krankenstand entlassen und erweist sich das als unberechtigt, muss der Arbeitgeber das Entgelt jedenfalls bis zum Ende des Krankenstandes (bzw. bis zum vorherigen Ende seiner Entgeltfortzahlungspflicht) weiterzahlen.
Wie ist vorzugehen, wenn der Sachverhalt unklar ist?
Komplexe Sachverhalte darf und muss der Arbeitgeber prüfen, bevor er eine Entlassung ausspricht. Das verletzt seine Pflicht, sofort zu handeln, nicht. Meist sei es jedoch ratsam, den Arbeitnehmer dienstfrei zu stellen, sagt Nitzl. Sein Entgelt steht ihm dann weiterhin zu, die Zeit darf ihm auch nicht auf seinen Urlaub angerechnet werden. Wird man einfach
„auf Urlaub“ geschickt – was in solchen Situationen immer wieder vorkommt – darf man das ablehnen.