Die arbeitsrechtliche Umsetzung der EU-Richtlinie 2019/1152 (EU-Richtlinie zu transparenten Arbeitsbedingungen) erfolgte mit BGBl I 2024/11, ausgegeben am 27.3.2024 ➪ Link zum BGBl: bit.ly/BGBl-11–2024
Regelungsinhalt von § 11b AVRAG
§ 11b AVRAG legt fest, dass Aus‑, Fort- oder Weiterbildungen, die im Dienstvertrag oder durch Gesetze vorgeschrieben sind, in die Arbeitszeit fallen und vom DG zu finanzieren sind.
➪ Dies gilt nur, sofern die Fortbildung eine Voraussetzung für die Ausübung der beruflichen Tätigkeit darstellt.
Was fällt unter § 11b AVRAG – und was nicht?
Die folgenden 4 Voraussetzungen müssen zum Zeitpunkt eines bestehenden Dienstverhältnisses kumulativ, dh alle gemeinsam, erfüllt sein, damit § 11b AVRAG anzuwenden ist:
- Die Aus‑, Fort- oder Weiterbildungen müssen in den Geltungsbereich des AVRAG fallen,
- Die Aus‑, Fort- oder Weiterbildungen müssen hinreichend spezifiziert, dh bestimmt sein.
- Der Zweck der Aus‑, Fort- oder Weiterbildungen muss mit dem Zweck der Arbeitsleistung zusammenfallen, die im Dienstvertrag vereinbart wurde.
- Die Aus‑, Fort- oder Weiterbildung ist eine vorgeschriebene, unerlässliche Vorbedingung dafür, dass die Arbeitsleistung zulässig erbracht werden kann.
➪ 1. Aus‑, Fort- oder Weiterbildungen müssen in den Geltungsbereich des AVRAG fallen
Unter § 11b AVRAG fallen nur privatrechtliche, nicht hingegen öffentlichrechtliche DV.
➪ 2. Aus‑, Fort- oder Weiterbildungen müssen hinreichend spezifiziert sein
Anwendungsvoraussetzung ist aufgrund des Wortlauts des § 11b AVRAG, dass eine bestimmte Aus‑, Fort- oder Weiterbildung Voraussetzung dafür ist, dass die arbeitsvertraglich vereinbarten Tätigkeit ausgeübt werden kann.
Wird eine DG- oder DN-Verpflichtung zur Aus‑, Fort- oder Weiterbildung allgemein festgelegt, aber nicht näher konkretisiert ist § 11b AVRAG nicht anzuwenden.
➪ 3. Zweck der Aus‑, Fort- oder Weiterbildungen muss mit Zweck der Arbeitsleistung zusammenfallen, die im Dienstvertrag vereinbart wurde
Die Tätigkeit, hinsichtlich derer die Aus‑, Fort- oder Weiterbildung stattfindet, muss arbeitsvertraglich vereinbart sein.
§ 11b AVRAG regelt, dass
§ 11b AVRAG regelt nicht Fälle, in denen
➪ 4. Die Aus‑, Fort- oder Weiterbildung ist eine vorgeschriebene, unerlässliche Vorbedingung dafür, dass die Arbeitsleistung zulässig erbracht werden kann
Der Regelungssinn des § 11b AVRAG erfasst Leistungen des Dienstgebers gegenüber Dritten (zB Kunden), für die besondere Qualifikationen und sonstige Anforderungen vorgeschrieben sind.
Nur mithilfe der vorgeschriebenen Aus‑, Fort- oder Weiterbildung kann die berufliche Tätigkeit gesetzlich erlaubt ausgeübt werden.
Die Anwendung des § 11b AVRAG erfordert, dass die Bestimmung, die zur Aus‑, Fort- oder Weiterbildung verpflichtet, eine konkrete Rechtsfolge dann vorsieht, wenn die Aus‑, Fort- oder Weiterbildung unterlassen wird.
Diese Konsequenzen können bspw sein:
Beispiele aus dem BMAW-Dokument, die unter § 11b AVRAG fallen:
Verhältnis zwischen § 11b AVRAG und § 2d AVRAG (=Ausbildungskostenrückersatz)
Der Wortlaut des § 11b AVRAG (“sind die Kosten für diese Aus‑, Fort- oder Weiterbildung vom Arbeitgeber zu tragen”) steht der DN-Verpflichtung gemäß
§ 2d AVRAG Kosten für Aus‑, Fort- oder Weiterbildung rückzuerstatten, nicht entgegen.
Das heißt:
- Im aufrechten Dienstverhältnis hat der Dienstgeber die Kosten einer Aus‑, Fort- oder Weiterbildung unter den Voraussetzungen des § 11b AVRAG zu tragen.
- Für das beendete Dienstverhältnis ist ein allfälliger Dienstgeber-Anspruch auf Ausbildungskostenrückersatz nach den Bestimmungen des § 2d AVRAG zu beurteilen.
Tipps und Hinweise aus der Praxis, für die Praxis
1. Überprüfung der Dienstverträge
Stellen Sie sicher, dass Fort- und Weiterbildungsverpflichtungen im Dienstvertrag klar geregelt sind. Dies vermeidet Missverständnisse und stellt klar, wann § 11b AVRAG anzuwenden ist.
2. Klarheit über Fortbildungspflichten
Definieren Sie präzise, welche Fortbildungen aus Ihrer Sicht gefordert werden (§ 11b AVRAG ist anzuwenden) und welche nicht.
3. Kostentragung und Rückforderung
Sie haben auch bei Ausbildungen, die unter § 11b AVRAG fallen die Möglichkeit, Ausbildungskostenrückersätze zu vereinbaren.
Beachten Sie, dass zahlreiche Voraussetzungen erfüllt sein müssen (schriftliche Vorausvereinbarung, bestimmte DV-Beendigung, erfolgreicher Ausbildungsabschluss etc), damit der Dienstgeber rechtswirksam den Rückersatz der Ausbildungskosten fordern kann.
4. Dokumentation und Nachweisführung
Achten Sie auf eine lückenlose Dokumentation aller Fortbildungsmaßnahmen. Dies kann insbesondere bei Streitfällen oder Rückforderungsansprüchen relevant sein.
FAQ des BMAW
Aufgrund zahlreicher Anfragen zur Aus‑, Fort- und Weiterbildung (§ 11b AVRAG) hat das BMAW seine Sichtweise, wie diese Bestimmung auszulegen ist, in einem Dokument zusammengefasst
➪ www.bmaw.gv.at/Infos-FAQ/Informationen-zu-%C2%A7-11b-AVRAG.html