… die vollen Pkw-Kosten sind nicht lohnnebenkostenpflichtig!
Hinsichtlich der Antwort auf die Frage, welche Pkw-Kosten in die Lohnnebenkostenbemessungsgrundlage einzubeziehen sind, gewinnt man den Eindruck, der Lohnsteuerfachbereich und die Juristen im BMF gefielen sich in der Rolle des Don Quichotte (= der Kämpfer gegen Windmühlen, im Konkreten: Kämpfer gegen den juristischen Hausverstand).
Die von der Finanz vertretene Rechtansicht teilten weder Praktiker (siehe die zahlreiche Fachartikel wie bspw Dr. Stefan Steiger in Taxlex 2015, 198), noch die Gerichte (LVwG Tirol vom 21.6. 2016, LVwG– 2015/12/2927–5, LVwG OÖ 9. 11. 2017, LVwG-450256/6/HW/MA) noch die Mehrheit der GPLA-Prüfer, mit denen ich zu tun habe, die allerdings aufgrund von Weisungen den „Schmarrn“ (O‑Ton eines Prüfers) vollziehen mussten.
Doch solange der VwGH nicht entschieden hat, ritt Don Quichotte weiter auf seiner Rosinante um Silberlinge einzutreiben für den Staat und vorallem für die Gemeinden.
Doch nun ist es soweit, der VwGH hat in seinem Erkenntnis vom 19. 4. 2018, 2018/15/0003 entschieden: Die von der Finanz vertretene Rechtsansicht ist rechtlich unrichtig.
Die – unzutreffenden ‒ Argumente des BMF
Wenn die GmbH dem wesentlich beteiligten Gesellschafter-Geschäftsführer
- statt ihm Kilometergelder für dienstliche Fahrten mit einem eigenen Kfz zu zahlen (das Km-Geld deckt alle Kfz-Kosten ab und ist zur Gänze lohnnebenkostenpflichtig)
- ein Firmenkraftfahrzeug zur Verfügung stellt,
dann ist – so die Ansicht des BMF ‒ diese Sachzuwendung der Gewährung von Kilometergeldern gleichzusetzen ⇒ die vollen Kfz-Kosten sind daher als sonstige Vergütung jeder Art im Sinne des § 22 Z 2 EStG 1988 ebenfalls in die Bemessungsgrundlage für die Erhebung der Kommunalsteuer einzubeziehen.
Anmerkung: Wie wenig rechtslogisch die BMF-Begründungen oft sind und warum der Praktiker immer häufiger den Eindruck gewinnt, dass jene Auslegung im Vordergrund steht, bei der das Abgabenvolumen erhöht wird, zeigt folgendes Beispiel:
Im November 2017 zahlt der Dienstgeber irrtümlich zuviel Provisionen aus. Für diese Provisionen (inkl dem zuviel bezahlten Teil) werden Lohnnebenkosten abgeführt.
Im März 2018 erkennt er den Irrtum, der Dienstnehmer zahlt den zuviel erhaltenen Betrag zurück. Nach der zuvor argumentierten Finanzlogik (Km-Geldbezug und Pkw-Zuwendung sind gleichzusetzen), müsste hinsichtlich der Lohnnebenkosten in diesem Fall auch gleichzusetzten sein, ob
- von vornherein die Provisionen in korrekter Höhe ausbezahlt wurden, oder
- nachträglich das Zuvielbezahlte rücküberwiesen wird.
Ist es aber nicht, weil die Rückzahlung – man klebt am Wortlaut des Gesetzes – Werbungskosten sind ⇒ keine Korrektur der zuvielbezahlten Lohnnebenkosten.
Die Rechtsansicht des VwGH
Mit den obigen Argumenten ist das BMF nicht im Recht.
Das dem Gesellschafter-Geschäftsführer überlassene Kfz befindet sich im Betriebsvermögen der GmbH. Die mit dem Kfz zusammenhängenden Aufwendungen sind Betriebsausgaben der GmbH, die bei deren Gewinnermittlung zu berücksichtigen sind.
Der vorliegende Sachverhalt (Gesellschafter-Geschäftsführer erhält ein Firmen-Kfz, das er auch privat nutzen kann) ist daher nicht mit der Bezahlung von Kilometergeldern vergleichbar, mit denen dem Gesellschafter-Geschäftsführer Aufwendungen für dienstliche Fahrten mit seinem eigenen Kfz ersetzt werden.
Die 7 Abrechnungsgrundsätze rund um den vom Gesellschafter-Geschäftsführer privat genutzten Firmen-Pkw
Aufgrund
- einerseits der Verodnung (BGBl II 2018/70, ausgegeben am 19. 4. 2018) und
- andererseits aufgrund des oa VwGH Erkenntnisses
ergeben sich mE die folgenden 7 Abrechnungsgrundsätze rund um den ‒ vom wesentlich beteiligten Gesellschafter-Geschäftsführer auch privat genutzten ‒ Firmen-Pkw:
Welcher Wert ist (a) als Bemessungsgrundlage für die Lohnnebenkosten bzw (b) in der Einkommensteuererklärung als geldwerter Vorteil aus der privaten Nutzung des Firmen-Kfz anzusetzen?
Sachbezugswert = Lohnnebenkostenbemessungsgrundlage bzw geldwerter Vorteil aus der privaten Nutzung des Firmen-Kfz:
„Hinsichtlich der privaten Verwendung eines Firmenfahrzeuges bestehen keine Bedenken, wenn dieser Vorteil entweder durch Ansatz eines Sachbezuges in Anlehnung an § 4 der Sachbezugswerteverordnung II Nr. 416/2001 in der jeweils geltenden Fassung (gilt auch für Elektrofahrzeuge)“ [Randzahl 79 der Kommunalsteuerrichtlinien bzw § 1 Z 1 der Verordnung] oderauf Privatnutzung entfallender Anteil der Kfz-Kosten
(gemäß der obigen, aktuellen VwGH-Rechtsprechung bzw § 1 Z 2 der Verordnung); Dieser Privatnutzungsanteil ist beispielsweise durch Vorlage eines Fahrtenbuches oder in sonstiger plausibler Form nachweisen, oder allenfalls sachgerecht zu schätzen.- Der Ansatz eines Sachbezuges in Anlehnung an die Sachbezugswerteverordnung heißt mE, dass die folgenden Regelungen der Sachbezugswerteverordnung auch bei von Gesellschafter-Geschäftsführern privatgenutzten Firmen-Kfz anzuwenden sind:
- Unterschiedliche Sachbezugswerte, abhängig vom CO2-Emissionswert
- Sachbezug: € 0,00 für schadstofffreie Pkw (zB Elektrofahrzeuge)
- Mini-Sachbezug (exaktes Fahrtenbuch erforderlich)
- Halber Sachbezug (max 6.000 Privatkilometer pro Jahr)
- Berechnung der Sachbezugsbemessungsgrundlage (zB inkl Umsatzsteuer, inkl Sonderausstattungen etc) hinsichtlich Neu‑, Gebraucht‑, Leasing und Vorführfahrzeuge
- Sachbezugsbewertungsregeln für Poolfahrzeuge (Poolfahrzeuge sind bei Gesellschafter-Geschäftsführer eher kaum praxisrealistisch)
- Kostenersätze, die der Gesellschafter-Geschäftsführer an die GmbH hinsichtlich seiner Privatfahrten leistet, verringern den Sachbezugswert (dies gilt laut obigen VwGH-Urteil auch dann, wenn als Wert der auf Privatnutzung entfallende Anteil der Kfz-Kosten [siehe Punkt (2)] angesetzt wird.
Strecke Wohnung ⇒ Büro ⇒ Wohnung = Private Strecke?
- Ja, wenn die (sinngemäß anzuwendende) Sachbezugswerteverordnungs-Variante [Punkt (1)] gewählt wird
- Nein, wenn als Wert der auf Privatnutzung entfallende Anteil der Kfz-Kosten angesetzt wird (siehe Rz
1528 der Einkommensteuerrichtlinien: Fahrtkosten: Wohnsitz ⇒ Betrieb: „Die Aufwendungen sind Betriebsausgaben, sofern der Betriebsinhaber nicht aus persönlichen Gründen seinen Wohnsitz außerhalb der üblichen Entfernung vom Betriebsort (bis 120 km = Einzugsbereich) gewählt hat (vgl. VwGH 21.12.1989, 86/14/0118; VwGH 22.2.2000, 96/14/0018).“
Wirksamkeit der obigen Regelungen betreffend …
- Lohnnebenkosten: Die obigen Grundsätze (insbesondere Punkt (2) sind aufgrund des VwGH-Erkenntnisses auf alle, noch nicht rechtskräftigen (GPLA) Fälle anzuwenden.
- Geldwerter Vorteil, der in der Steuererklärung anzusetzen ist: Die Verordnung ist erstmalig bei der Veranlagung für das Kalenderjahr 2018 anzuwenden.
Reisekosten des Gesellschafter-Geschäftsführers: Einkommensteuer
- Von der Gesellschaft ausbezahlte Reiseaufwandsvergütungen sind Betriebseinnahmen.
- Aufwendungen iZm beruflich veranlassten Reisen sind für den Gesellschafter-Geschäftsführer Betriebsausgaben.
Reisekosten des Gesellschafter-Geschäftsführers: DB, DZ und Kommunalsteuer:
- Pauschale Kostenersätze (wie insbesondere Taggeld, Nächtigungsgeld und Kilometergeld) sind lohnnebenkostenpflichtig.
- Tatsächlich (belegmäßige) nachgewiesene Aufwendungen für Fahrtkosten (zB Bahnticket, Flugticket) oder für Nächtigungen (zB Hotelrechnung) aufgrund einer beruflichen Reise (unabhängig davon, ob diese von der Gesellschaft oder dem Gesellschafter-Geschäftsführer bezahlt werden), erhöhen hingegen nicht die jeweilige Lohnnebenkosten-Bemessungsgrundlage ⇒ Es sind keine Lohnnebenkosten zu entrichten.
- Beachten Sie bitte: Belegmäßig nachgewiesen Verpflegungskosten sind immer lohnnebenkostenpflichtig.