Im PV-JourFixe (www.patka-knowhow.at/ars-pv-jourfixe) für das 1. Quartal 2022 haben wir anhand von Judikaturbeispielen ausführlich besprochen, wann eine grob fahrlässig herbei geführte Arbeitsunfähigkeit vorliegt.
Wenn dies der Fall ist, dann hat dies folgende Konsequenzen:
- Der Dienstgeber muss während dieser Arbeitsunfähigkeit keine Entgeltfortzahlung leisten
- Das Entgeltfortzahlungskontingent für Arbeitsunfähigkeiten verringert sich nicht.
Das Urteil des OGH vom 22. Februar 2022, 10 ObS 1/22b zeigt eine weitere Konsequenz auf.
Die Dienstnehmerin der klagenden Rechtsanwaltskanzlei konsumierte am Abend des 25. 10. 2019 Wein und Bier, bevor sie sich in ein Lokal begab, in dem sie nur mehr Wodka trank.
Als sie vom Hochtisch, an dem sie Platz genommen hatte, aufstehen wollte, stürzte sie über eine Stufe und zog sich dabei eine Verletzung am Sprunggelenk zu, die operativ versorgt werden musste.
Bei der vor der Operation durchgeführten Untersuchung wurde ein Blutalkoholwert von 1,99 Promille festgestellt.
§ 53b Abs 1 ASVG mit der Überschrift: Zuschüsse an die Dienstgeber/innen lautet:
„Den Dienstgeber/inne/n können Zuschüsse aus Mitteln der Unfallversicherung zur teilweisen Vergütung des Aufwandes für die Entgeltfortzahlung einschließlich allfälliger Sonderzahlungen im Sinne des § 3 EFZG oder vergleichbarer österreichischer Rechtsvorschriften an bei der Allgemeinen Unfallversicherungsanstalt unfallversicherte Dienstnehmer/innen geleistet werden.“
Gemäß dieser Bestimmung beantragte der Dienstgeber, die Rechtsanwaltskanzlei, einen entsprechenden Zuschuss zu den von ihm an seine Dienstnehmerin geleisteten Entgeltfortzahlungen.
Urteil des OGH vom 22. Februar 2022, 10 ObS 1/22b
- Bei einem derart übermäßigen Alkoholkonsum der Dienstnehmerin, der zu einem Blutalkoholwert von 1,99 Promille führte, kann nach der allgemeinen Lebenserfahrung davon ausgegangen werden, dass dieser Promillewert zu massiven Koordinations- und Konzentrationsstörungen führt. Somit wurde die Arbeitsunfähigkeit grob fahrlässig herbeigeführt.
- Aus diesem Grund bestand keine Entgeltfortzahlungspflicht des Dienstgebers.
- Der Zuschuss gemäß § 53b ASVG besteht nur dann, wenn die arbeitsunfähige Dienstnehmerin einen Entgeltfortzahlungsanspruch hat.
- Da die Dienstnehmerin im Streitfall aufgrund der grob fahrlässig herbeigeführten Arbeitsunfähigkeit keinen Entgeltfortzahlungsanspruch hat, erhält der Dienstgeber auch dann keinen AUVA-Zuschuss, wenn er – obwohl er hierzu nicht verpflichtet ist – Entgeltfortzahlung geleistet hat.
Tipps und Antworten zu 7 Praxisfragen
Wann erhält der Dienstgeber einen AUVA-Zuschuss?
Die folgende Regelung gilt für Fälle, in denen der Unfall bzw der Beginn der Krankheit nach dem 30. 6. 2018 eingetreten ist: Beschäftigt der Dienstgeber durchschnittlich nicht mehr als …
- 50 Dienstnehmer ➪ Anspruch auf den „allgemeinen“ Entgeltfortzahlungszuschuss durch AUVA
- 10 Dienstnehmer ➪ Anspruch auf den „erhöhten“ Entgeltfortzahlungszuschuss durch AUVA
Der Entgeltfortzahlungszuschuss gebührt …
- bei Krankheit ab dem 11. Tag bzw
- bei einem Unfall ab dem 1. Tag;
- nicht bei bescheidmäßig angeordneter Quarantäne (Rückerstattung gemäß Epidemiegesetz).
Wie ist die durchschnittliche Dienstnehmer-Anzahl zu ermitteln?
Die durchschnittliche Dienstnehmer-Anzahl ist anhand des Jahres vor Entgeltfortzahlungsbeginn zu ermitteln.
Es sind dabei auch jene Zeiträume zu berücksichtigen, in denen vorübergehend keine Dienstnehmer beschäftigt wurden.
Der Jahresdurchschnitt wird anhand der Anzahl der gemeldeten Dienstnehmer aus dem Jahr vor dem „Stichtag“ ermittelt.
Für die Durchschnittsberechnung sind welche
Dienstnehmer heranzuziehen?
Als Dienstnehmer gelten alle vollzeit‑, teilzeit- und geringfügig beschäftigten Dienstnehmer iSd § 4 Abs 2 ASVG (inkl Lehrlinge).
Nicht einzubeziehen sind Heimarbeiter; Ferialpraktikanten, Präsenz- und Zivildiener, Dienstnehmer im Mutterschutz, karenzierte Dienstnehmer, und fallweise bzw tageweise Beschäftigte.
Unterschiedliche Rechtsansichten bestehen hinsichtlich der Frage ob freie Dienstnehmer einzubeziehen sind.
Wie hoch ist der „allgemeine“ Entgeltfortzahlungszuschuss?
Der „allgemeine“ Entgeltfortzahlungszuschuss beträgt 50 % des tatsächlich fortgezahlten Entgelts zuzüglich eines Sonderzahlungszuschlages iHv 8,34 %.
Wie hoch ist der „erhöhte“ Entgeltfortzahlungszuschuss?
Für Betriebe, die durchschnittlich nicht mehr als 10 Dienstnehmer beschäftigen, beträgt der „erhöhte“ Entgeltfortzahlungszuschuss 75 % des tatsächlich fortgezahlten Entgelts zuzüglich eines Sonderzahlungszuschlages iHv 12,51 %.
Ist die Höhe des Entgeltfortzahlungszuschusses betraglich gedeckelt?
Ja; Die Höhe des Zuschusses ist mit dem 1,5‑fachen der ASVG-Höchstbeitragsgrundlage begrenzt.
(Wert 2022: € 5.670,00 x 1,5 = 8.505,00)
Wie kann der Entgeltfortzahlungszuschusses beantragt werden?
Das Antragsformular für den AUVA-Zuschuss zur Entgeltfortzahlung (inkl Ausfüllhilfe) können Sie downloaden: www.auva.at ➪ Formulare ➪ auf der linken Seite klicken Sie auf: „Leistungsanträge“
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