Die von der Regierung angekündigte Schutzklausel für Pensionsantritte 2024 ist im Nationalrat beschlossen worden.
Damit treten die ursprünglich angekündigten Pensionsnachteile für Personen, die nicht in 2023 sondern erst in 2024 in Pension gehen, nicht ein.
Ausführliche Infos finden Sie hier: www.oegb.at/themen/pensionen/schutzklausel-fuer-pensionsantritte-2024–das-gilt-fuer-dich–
Die aktuelle Rechtslage rund um die Entwicklung der Pensionserhöhungen in den kommenden Jahren sieht Folgendes vor:
- 1Wer bspw mit Stichtag 1. 12. 2023 in Pension geht (oder 2023 schon in Pension gegangen ist), erhält bereits nach 1 Monat, dh ab Jänner 2024 die volle Pensionsanpassung, dh eine Pensionserhöhung von voraussichtlich ca 10 %.
- 2Ein Pensionist mit Stichtag 1. 1. 2024 hingegen erhält lediglich eine um 3 bis 3,5 % aufgewertete Gesamtkontogutschrift als Pensionsbasis – also alles in allem gut 6 % weniger Pension ein Leben lang, im Vergleich zu jenem Pensionisten, der 1 Monat früher mit 1. 12. 2023 gegangen in Pension gegangen ist.
Aus diesem Grund häufen sich aktuell Anfragen von älteren Dienstnehmern in den Personalabteilungen, noch 2023 das Dienstverhältnis beenden und in Pension gehen zu wollen.
Während die Rechtsfolgen von „klassischen“ Dienstvertragsbeendigungen im Allgemeinen hinreichend bekannt sind, ergeben sich Unsicherheiten, worauf zu achten ist, wenn bestehende Altersteilzeiten – insbesondere Blockmodelle – vorzeitig beendet werden sollen, damit noch in 2023 ein Pensionsantritt möglich ist.
Dieser Artikel beantwortet ausgewählte Fragen aus der Praxis für die Praxis rund um die – vom Dienstnehmer gewollte – vorzeitige Beendigung der bestehenden Altersteilzeit.
Quelle:
Harald Bürgstein LL.M. (WU), Mag. Ernst Patka;
PVP Personalverrechnung für die Praxis, Heft 9/2023
A) Kann Altersteilzeit vorzeitig beendet werden?
Rein arbeitsrechtlich ist es zulässig, einvernehmlich oder auch einseitig (zB durch Kündigung) das DV – und damit auch die ATZ – früher als vorgesehen, zu beenden.
Lediglich für den Fall, dass vorab ein Kündigungsverzicht vereinbart worden ist, müsste der Vertragspartner vorab der Kündigung zustimmen.
Je nachdem welche Beendigungsform gewählt wird, ergeben sich unterschiedliche Rechtsfolgen.
Besonderes Augenmerk wird darauf gelegt, ob anlässlich der DV-Beendigung der Anspruch auf Abfertigung „alt“ erhalten bleibt.
Ein Anspruch auf Abfertigung „alt“ besteht auch dann, wenn der DN „pensionsbedingt“ kündigt und wenn das DV …
Hinweis:
- In manchen KVs wird die obige 10-Jahresfrist verkürzt.
- Sind anlässlich des vorzeitigen ATZ-DV-Ende uU die 25 Jahre für den vollen Abfertigungsanspruch noch nicht erreicht, kann der DG – ohne dass der DN hierauf einen Rechtsanspruch hat – diese „Lücke“ durch eine abgabenbegünstigte, freiwillige Abfertigung schließen.
- Eine Pensionierung oder ein Pensionsstichtag allein beenden ein DV nicht automatisch – es bedarf eines gesonderten „Beendigungsaktes“ (zB DN-Kündigung einvernehmliche DV-Beendigung).
Um sich Fragen nach einer schlüssigen Erklärung zu ersparen, ist die schriftliche Beendigungsform ausdrücklich zu empfehlen.
B) Muss der Dienstgeber das vom AMS geförderte Altersteilzeitgeld zurückzahlen?
1. Wann droht eine Rückzahlungsgefahr?
Die akute Gefahr der Rückzahlung besteht dann, wenn
Solche Fälle kann es sowohl bei der Block-ATZ-Variante als auch bei der kontinuierlichen ATZ-Variante geben.
In der Praxis besteht die Rückzahlungsgefahr vor allem bei der Block-ATZ-Variante.
Hinweis:
Laut den aktuellen AMS-Formularen wird von einer Rückforderung nur abgesehen, wenn den DG an der vorzeitigen Auflösung kein Verschulden trifft. Als Beispiel wird die DN-Kündigung genannt.
2. Aktuelle Rechtsmeinung des AMS Österreich
Die aktuelle Rechtsmeinung des AMS Österreich zu den vorzeitig aufgelösten ATZ-Modellen auf der Grundlage des § 27 Abs 8 AlVG (Stand 1. 9. 2023) fassen wir wie folgt zusammen:
- Um zu verhindern, dass weiterhin ATZ-Geld ausbezahlt wird, ist das ATZ-Ende unverzüglich dem AMS zu melden.
- Das AMS stellt jedwede Förderung für Zeiten nach ATZ-DV-Ende ein.
- Es kommt – da eine DN-Kündigung und somit eine vom DG unverschuldete ATZ-Beendigung vorliegt – zu keiner Rückforderung bereit ausbezahlter ATZ-Gelder.
- Rückgefordert werden ATZ-Gelder, die über das ATZ-DV-Ende hinaus weiterbezahlt worden sind, weil bspw das DV-Ende zu spät dem AMS mitgeteilt wurde.
- Um zu verhindern, dass weiterhin ATZ-Geld ausbezahlt wird, ist das ATZ-Ende unverzüglich dem AMS zu melden.
- Das AMS stellt jedwede Förderung für Zeiten nach ATZ-DV-Ende ein.
- Entspricht die Arbeitszeit nach wie vor dem für das ATZ-Modell vereinbarten Ausmaß und wurde das DV-Ende dem AMS rechtzeitig mitgeteilt, erfolgt keine Rückforderung des ATZ-Geldes.
- Entspricht die Arbeitszeit nicht mehr dem für das ATZ-Modell vereinbarten Ausmaß, prüft das AMS, ob die tatsächliche Arbeitszeit während der vorzeitig beendeten ATZ – ausgehend von der Arbeitszeit vor ATZ-Beginn – noch innerhalb der 40 % bis 60 % „Arbeitszeitverminderungs-Bandbreite“ liegt.
Wenn JA (dh: “Arbeitszeitverminderungs-Bandbreite” ist erfüllt) ➪ …
Wenn NEIN ➪ (dh: “Arbeitszeitverminderungs-Bandbreite” ist nicht erfüllt) ➪ …
Hinweis:
Bitte beachten Sie:
Praxistipps der Autoren:
5 Praxistipps, aufbauend auf der Rechtsansicht des AMS Österreich (Stand: 1. September 2023):
1. Lediglich eine DN-Kündigung schließt nahezu sicher eine ATZ-Geldrückforderung seitens des AMS aus.
2. Eine DG-Zustimmung zur einvernehmlichen ATZ-DV-Auflösung sollte nur dann erfolgen, wenn …
- … der DG auf seine Anfrage eine schriftliche positivie Antwort des AMS erhalten hat, wonach es – aufgrund besonderer Umstände, wobei allein das Argument, Pensionsvorteile erreichen zu wollen idR nicht ausreicht – im angefragten Fall zu keiner ATZ-Geldrückforderung seitens des AMS kommt.
- … der DN eine Schad- und Klagloserklärungsklausel unterfertigt, wonach er sich bereit erklärt, allenfalls den auf die Rückforderung des ATZ-Geldes entfallenden Teil des Lohnausgleiches an den Dienstgeber rückzuzahlen.
3. Dem DG steht bei einer ATZ-Geldrückforderung durch das AMS der Instanzenweg offen. Er kann hierbei die strenge Rechtsansicht des AMS Österreich auf eigenes Risiko rechtlich überprüfen lassen.
4. Für den Fall, dass die Freizeitphase vorverlegt wird, um einen rechtzeitigen Ausgleich der Zeitguthaben zu ermöglichen und dadurch eine ATZ-Geldrückforderung zu vermeiden, ist bei der
Blockzeitvariante zu beachten, dass auch die zuvor arbeitslose Ersatzarbeitskraft dementsprechend früher (ab Beginn Freizeitphase) einzustellen ist. Ansonsten kann auch aus diesem Grund die ATZ-Geldrückforderung drohen.
5. Kommt es zu einer Rückforderung des gesamten ATZ-Geldes, fällt die besondere SV-Beitragsgrundlage (auf Basis vor ATZ) rückwirkend weg und es ist zeitraumkonform aufzurollen. Bei einer Differenzrückforderung bleibt die besondere SV-Beitragsgrundlage (auf Basis von ATZ) jedoch weiterhin bestehen.
C) Offene Zeitguthaben sind auszuzahlen – mit oder ohne Zuschlag?
1. Arbeitsrechtliche Hinweise zum offenen Zeitguthaben
Für Guthaben aus Normalarbeitszeit – so wie sie idR während der geblockten ATZ für spätere Freizeitphasen angesammelt werden – sind grundsätzlich inklusive 50 %-Zuschlag gemäß § 19e AZG abzugelten.
Lediglich bei ungerechtfertigtem Austritt sieht das AZG keinen Zuschlag vor.
Diesen Ausnahmetatbestand hat die Judikatur um die treuwidrige DN-Kündigung erweitert (siehe den folgenden Hinweis).
Ein KV kann vom AZG Abweichendes (zB generell niedrigeren Zuschlag oder Entfall des Zuschlags) regeln!
Hinweis:
Für die Praxis interessant sind die Aussagen der beiden OGH-Urteile (zitiert nach den jeweiligen ARD-Ausführungen mit Hervorhebungen der Autoren):
KEIN 50 % Zuschlag, da
treuwidrige DN-Kündigung
OGH 28. 2. 2011, 9 ObA 127/10g;
ARD 6158/4/2011
50 % Zuschlag, da keine
treuwidrige DN-Kündigung
Die Steuerfreiheit gemäß § 68 EStG ist für den Zuschlag gemäß §19e AZG deshalb nicht anwendbar, weil es sich nicht um Überstunden oder KV-Mehrarbeit handelt.
JA, wenn…
NEIN, wenn…
Auch der KV kann ausschließen, dass der Lohnausgleich in die Zuschlagsberechnung einzubeziehen ist (zB KV Arbeiter in Metallindustrie).
Praxistipp:
Für künftige ATZ-Vereinbarungen empfehlen wir,
a) einerseits in der Vereinbarung immer zwischen Teilzeitentgelt und Lohnausgleich zu unterscheiden und
b) den Lohnausgleich immer an das ATZ-Geld zu knüpfen, was allerdings von den AMS-Stellen idR nicht akzeptiert wird, und
c) andererseits die Möglichkeit der vorzeitigen ATZ-DV-Beendigung ausdrücklich zu regeln und festzuhalten, dass hinsichtlich der Beendigungsansprüche der Lohnausgleich nicht in Endansprüche bzw in die Zuschlagsbemessungsgrundlage einzubeziehen ist, soweit nicht ohnedies eine entsprechende BV- oder KV-Regelung vorliegt.
Hinweis:
Ebenso abzugelten sind Sonderzahlungsteile, die zwar schon in der Einarbeitungsphase des geblockten ATZ-Modells (über Durchschnitt) erarbeitet, aber wegen verkürzter Freizeitphase noch nicht abgegolten worden sind.
In die Berechnung der Sonderzahlungen ist – soweit nichts anderes vereinbart – das Stundenguthaben, nicht jedoch der Zuschlag gemäß § 19e AZG einzubeziehen. Der KV kann Ausschlussgründe für bestimmte Beendigungsformen vorsehen.
2. Abgabenrechtliche Hinweise zum offenen Zeitguthaben
SV-rechtlich ist die Abgeltung von diesen Zeitguthaben (einschließlich der Sonderzahlungen) beitragsfrei.
➪ Link: https://bit.ly/OEGK-Info-ATZ
Lohnsteuerrechtlich verweisen wir auf Rz 1116a der LStR (Hervorhebung und übersichtliche Gliederung durch die Autoren):
„Endet die Altersteilzeit vorzeitig wegen Todes des Arbeitnehmers bzw Zuerkennung einer Pension (Berufsunfähigkeitspension, vorzeitige Alterspension – “Hacklerregelung”) sind
Die Abgeltung von Zeitguthaben ist KommSt-pflichtig. DB und DZ fallen altersbedingt für DN, die älter als 60 Jahre sind nicht an.
BV-Beiträge: siehe Hinweise zu SV-Beiträge
D) Berechnung und Abgeltung offener Urlaube
1. Vorbemerkung
Die folgenden Informationen sind auszugsweise diesem Buch (Seite 86f) entnommen: „Altersteilzeit und erweiterte Altersteilzeit in Frage und Antwort“; Autorin: Dr Erika Marek; Verlag: LexisNexis (www.lexisnexis.at); ISBN: 978–3‑7007–8256‑8; Preis: € 37,00 (144 Seiten) ➪ ein MUST-HAVE für alle, die mit ATZ zu tun haben
2. Grundsätze des Urlaubsverbrauches während der Altersteilzeit
Beim kontinuierlichen Modell gelten idR die herkömmlichen Regelungen, weil ja durchgehend gearbeitet wird.
Durch Arbeitsleistung in der Einarbeitungsphase wird auch die Arbeitsleistung für die Freizeitphase erbracht. Ebenso wird auch durch den „vollen“ Urlaubskonsum in der Einarbeitungsphase der in der Freizeitphase gebührende Urlaub mitkonsumiert.
Steigt der Urlaubsanspruch in der Freizeitphase – zB auf 6 Wochen – können Probleme dadurch vermieden werden, dass in der Einarbeitungsphase vereinbarungsgemäß mehr Urlaub (als Urlaubsvorgriff) konsumiert wird, als in der Bearbeitungsphase entsteht. ein Beispiel hierzu finden Sie auf den oa Seiten des ATZ-Buches.
3. Berechnungsgrundsätze der Urlaubsersatzleistung
Für die UEL-Berechnung ist gemäß dem Urteil des OGH 4. 5. 2005, 8 ObS 4/05d; ARD 5605/5/2005 heranzuziehen …
a) das für die Teilzeitarbeit gebührende Entgelt zum Zeitpunkt des DV-Ende und
b) der Lohnausgleich.
Dieser Berechnungsgrundsatz gilt sowohl für den während der ATZ entstandenen Urlaub als auch für offene Urlaubsansprüche aus Zeiten vor der ATZ.
Der in der UEL enthaltene Lohnausgleich wird vom AMS nicht gefördert.
Ob in der ATZ-Vereinbarung rechtswirksam festgelegt werden kann, dass dem DN ein Lohnausgleich nur zusteht, wenn dieser auch vom AMS gefördert wird (analog der Möglichkeit bei der Zeitguthabenabgeltung, in diesen Fällen: keine Einbeziehung des Lohnausgleiches in die UEL) ist noch nicht ausjudiziert und daher strittig.
Hinweise:
- Da die UEL-Berechnung generell geprägt ist vom Grundsatz, dass lediglich regelmäßige Entgelte einzubeziehen sind, ist uE der – anlässlich der ATZ-Beendigung auszubezahlende – Gesamtbetrag an Guthabensstunden nicht in die UEL einzubeziehen.
- Wurde in der Einarbeitungsphase zu wenig Urlaub konsumiert, wurde auch für die Freizeitphase zu wenig Urlaub mit konsumiert.
Für die UEL-Berechnung sind in diesem Fall heranzuziehen …
a) der für die Einarbeitungsphase ausständige Urlaub
b) der für die Freizeitphase nicht mit konsumierter Urlaub.
Ein diesbezügliches Beispiel finden Sie auf Seite 87 des oa ATZ-Buches. - Da nach arbeitsrechtlichem DV-Ende das ATZ-Geld nicht mehr zusteht, ist auch die SV-BGl nicht mehr anhand der Normalarbeitszeit vor ATZ zu bemessen, sondern nach dem tatsächlich zustehenden Entgelt.
Lieber Herr Patka,
wir haben schon viele Anfragen betreffend Antritt Pension erhalten. Wir haben uns aus diesem Grund schon mehrmals damit beschäftigt und nun bin ich etwas verwundert, da die Aliquotierung für die Jahre 2024 und 2025 ausgesetzt wird.
BGBl. I 36/2023 Wer 2023 oder 2024 die Pension antritt, erhält daher im darauffolgenden Jahr die volle Pensionsanpassung, unabhängig vom Monat er Pensionsantrittes.
Auch auf der Homepage der AK wird das Aussetzen der Aliquotierung für 2023 und 2024 angegeben.
Ich gehe davon aus, dass ihr Beitrag daher erst ab 2025 schlagend wird?!? (ausgenommen natürlich Pkt. A‑D)
Vielleicht darf ich um eine kurze Info ersuchen.
Herzlichen Dank und trotz Hitze einen angenehmen Tag!!
Liebe Frau Sörös,
ich bin absolut kein Pensionsexperte. Hierbei geht es — soweit ich es verstanden habe — NICHT um die Aliquotierung, sondernd um die jeweilige Aufwertung des Pensionskontos:
Angesichts der Teuerungsrate der letzten 12 Monate werden die Pensionskonten von BESTEHENDEN Pensionen für das kommenden Jahr 2024 um 9,7 Prozent aufgewertet. Jene, die Silvester noch als Arbeitnehmer*in feiern und erst ein paar Wochen später den wohlverdienten Ruhestand antreten, bekommen ihr Pensionsguthaben nur um 3,5 Prozent aufgewertet.
Nochmals der Hinweis: Es geht um die Aufwertung der Pensionskontenbeträge und nicht um die Aliqotierung.
Mit herzlichen Grüßen
Ernst PATKA