April 13, 2017

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Trotz gerin­gem Wert des ver­un­treu­ten Mate­ri­als ist die Ent­las­sung laut Gericht gerechtfertigt!!

Sach­ver­halt:

Der Par­tie­füh­rer eines 100.000-Euro-Bauvorhaben wur­de von der Kun­din sei­nes Dienst­ge­bers ange­spro­chen, einen klei­nen Teil des Weges zu erneu­ern. Sie ersuch­te den Dienst­neh­mer die­se zusätz­li­chen Arbei­ten ‒ außer­halb des Auf­trags ‒ selbst zu über­neh­men.

Der Dienst­neh­mer führ­te die­se Zusatz­ar­bei­ten wäh­rend der Dienst­zeit durch, ver­wen­de­te hie­zu Mate­ria­li­en des Dienst­ge­bers (zumin­dest 3 bis 4 Säcke Zement und eine ent­spre­chen­de Men­ge Sand), gab einem Arbeits­kol­le­gen die Anwei­sung, ihm zu hel­fen und kas­sier­te dafür € 150,00.

Als der Dienst­ge­ber eini­ge Tage spä­ter bemerk­te, dass der Dienst­neh­mer Zusatz­ar­bei­ten für für die Kun­din auf eige­ne Rech­nung geleis­tet hat, ent­ließ er den Dienstnehmer.

Zu Recht?

Urteil des OLG Wien 25. 8. 2016, 9 Ra 81/16x (ARD 6540/7/2017)

Ja, der Dienst­neh­mer wur­de zu Recht ent­las­sen, trotz des gerin­gen Wer­tes des ver­un­treu­ten Materials.

Begrün­dung:

Es kom­men grund­sätz­lich 2 Ent­las­sungs­grün­de für Arbei­ter in Frage:

  1. Kon­kur­ren­zie­ren­de Tätig­keit im Geschäfts­zweig des Dienst­ge­bers (§ 82 lit e GewO)

  2. Ver­trau­en­s­un­wür­dig­keit auf­grund eines Dieb­stahls, einer Ver­un­treu­ung oder einer sons­ti­gen straf­ba­ren Hand­lung (§ 82 lit d GewO)

Zu 1: Kon­kur­ren­zie­ren­de Tätig­keit im Geschäfts­zweig des Dienst­ge­bers (§ 82 lit e GewO)

Da für die­sen Ent­las­sungs­grund wesent­lich ist, dass der Dienst­neh­mer in Wie­der­ho­lungs­ab­sicht tätig wird – was nicht der Fall war – lag die­ser Ent­las­sungs­grund nicht vor.

Zu 2: Ver­trau­en­s­un­wür­dig­keit auf­grund eines Dieb­stahls, einer Ver­un­treu­ung oder einer sons­ti­gen straf­ba­ren Hand­lung (§ 82 lit d GewO)

Zwei­fel­los hat der Dienst­neh­mer Mate­ri­al des Dienst­ge­bers ver­un­treut, um die­ses Zusatz­ge­schäft auf eige­ne Rech­nung durchzuführen.

Das Mate­ri­al waren 3 bis 4 Säcke Zement und eine ent­spre­chen­de Men­ge Sand – reicht die­se gerin­gen Men­gen aus, dass die Wei­ter­be­schäf­ti­gung ledig­lich dann, wenn beson­de­re Begleit­um­stän­de vor­lie­gen: Bspw liegt eine Zwangs­la­ge vor, Dienst­neh­mer wur­de ange­stif­tet, jugend­li­ches, noch unrei­fes (Pubertäts)Alter, man­geln­de Schuld­ein­sichts­fä­hig­keit uä.

Umstän­de die­ser Art lie­gen im kon­kre­ten Fall nicht vor. Zwar ist der Wert des ver­un­treu­ten Mate­ri­als gering, aber nicht wert­los. Wenn auch der Dienst­neh­mer bereits 10 Jah­re im Betrieb beschäf­tigt war und auch kei­ne wei­te­ren Ver­feh­lun­gen bis­her vor­la­gen, ist im kon­kre­ten Fall auf­grund der nähe­ren Umstän­de die Zumut­bar­keit der Wei­ter­be­schäf­ti­gung des Dienst­neh­mers nicht gege­ben, die Ent­las­sung daher recht­mä­ßig, weil

  1. der Dienst­neh­mer ihm anver­trau­tes Mate­ri­al des Dienst­ge­bers ver­wen­de­te,
  2. er zum Geschäfts­zweig des Dienst­ge­bers gehö­ri­ge Arbei­ten erbrach­te und zwar 
  3. wäh­rend der Dienst­zeit und
  4. mit Hil­fe eines Arbeits­kol­le­gen, dem er die Wei­sung hie­zu erteil­te und
  5. hie­für Geld (€ 150,00) kas­sier­te.

Die Ent­las­sung war daher laut OLG Wien gerecht­fer­tigt.

Tipps und Hin­wei­se für die Praxis:

Dass auch bei Dieb­stahl bzw Ver­un­treu­ung von Waren von nur gerin­gem Wert eine Ent­las­sung gerecht­fer­tigt ist, haben die Gerich­te bereits öfters entschieden:

Hie­zu eini­ge Bei­spie­le:

  • Dieb­stahl von Putz­fet­zen in einem Unter­neh­men, das sen­si­ble Pro­duk­te her­stellt (OLG Wien 28. 7. 2009, 9 Ra 10/09w, ARD 6007/2/2009)
  • Dieb­stahl von 2 gefüll­ten Weckerln (OLG Wien 20. 4. 2009, 8 Ra 32/09y, ARD 5986/1/2009)
  • Ver­such­ter Dieb­stahl von Humus (OGH 3. 3. 2008, 9 ObA 33/08f, ARD 5909/3/2008)
  • Ver­trau­en­s­un­wür­dig­keit wegen ver­such­ten Strie­zel­dieb­stahls (OGH 26. 1. 2000, 9 ObA 328/99x, ARD 5196/12/2001)
  • Ein Urteil aus der jüngs­ten Ver­gan­gen­heit: Ent­las­sung auf­grund des ver­such­ten Dieb­stahls von Papier­rol­len (OGH 22. 4. 2010, 8 ObA 25/10z, ARD 6125/3/2011):

Der Dienst­neh­mer woll­te Papier­rol­len aus dem Betrieb des Dienst­ge­bers mit nach Hau­se neh­men und hat die­se uner­laubt von ihrem Bestim­mungs­ort ent­fernt. Dabei ver­wen­de­te er einen Plas­tik­sack, der nicht nur dem Trans­port dien­te, son­dern eben­so der Ver­heim­li­chung der ent­fern­ten Sachen. Zudem hat der Dienst­neh­mer ver­sucht, den Plas­tik­sack in einem Zwi­schen­la­ger zu ver­ste­cken, um bei sei­nem Vor­ha­ben nicht ent­deckt zu wer­den. Dies erfüllt den Straf­tat­be­stand des ver­such­ten Dieb­stahls. Die Ent­las­sung des Dienst­neh­mers erfolg­te daher zu Recht.

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