Arbeitsinspektorat verweist auf EuGH-Urteil
I. Maximal 48 Stunden in 17 Wochen
Gemäß § 9 Abs 4 Arbeitszeitgesetz darf in einzelnen Wochen die Wochenarbeitszeit dann bis zu 60 Stunden betragen, wenn innerhalb eines Durchrechnungszeitraumes von 17 Wochen 48 Stunden nicht überschritten werden.
Der Kollektivvertrag kann den Durchrechnungszeitraum auf 26 Wochen bzw ‒ wenn entsprechende technischen oder arbeitsorganisatorischen Gründen vorliegen ‒ auf 52 Wochen verlängern.
Von Anfang an war unklar, ob dieser Durchrechnungszeitraum rollierend (= administrativ aufwendige Arbeitszeitaufzeichnungs-Kontrolle) oder starr sein kann.
Ich informierte in der Personalverrechnung für die Praxis (Heft Februar 2019; PVP 2019/10, 35), dass das zentrale Arbeitsinspektorat eine – erfreulicherweise ‒ sehr unternehmerfreundliche Rechtsansicht vertrat, wonach ein starrer Durchrechnungszeitraum (zB Woche 1 bis 17, 18 bis 34, 35 bis 52) zulässig ist.
Diese erfreuliche Rechtsansicht ist – wie das Jahr 2019 ‒ Geschichte.
II. Neues Jahr ➪ neue Rechtsansicht des zentralen Arbeitsinspektorates
Mit einem neuen Erlass vom 20. 12. 2019 (BMASGK-462.302/0007-VII/A/3/2019) reagiert das zentrale Arbeitsinspektorat auf die Entscheidung des EuGH C‑254/18 vom 11. 4. 2019.
Die für die Praxis wichtigen Kernaussagen des neuen – die Bürokratie rund um die Arbeitszeitaufzeichnung steigernden ‒ Erlasses sind:
A) Ab 2020: Vorrangig: rollierende Durchrechnungszeitraum-Kontrolle
- Die durchschnittliche Wochenarbeitszeit gemäß § 9 Abs. 4 AZG ist ab sofort verpflichtend rollierend durchzurechnen. Der 48-Stunden-Schnitt muss somit in jedem beliebigen 17-Kalenderwochen-Zeitraum eingehalten werden.
- Der Durchrechnungszeitraum beginnt stets mit einem Montag. Die entsprechende Kalenderwoche endet am Sonntag.
Beispiel:
B) So prüft ab 2020 das Arbeitsinspektorat die Arbeitszeitaufzeichnungen
So prüft ab 2020 das Arbeitsinspektorat die Arbeitszeitaufzeichnungen
Hat der Dienstgeber ‒ entsprechend der bisherigen Rechtsansicht des Arbeitsinspektorats aus 2019 ‒ fixe Durchrechnungszeiträume festgelegt (zB Kalenderwoche 1 bis 17, 18 bis 34, 35 bis 52), dann wird für Zeiträume vor 2020 nur überprüft, ob innerhalb der vom Unternehmen festgelegten fixen 17-Wochen-Zeiträume die durchschnittliche Wochenarbeitszeit von 48 Stunden eingehalten wurde.
- Stellt das Arbeitsinspektorat fest, dass die durchschnittliche Wochenarbeitszeit von 48 Stunden innerhalb der vom Unternehmen festgelegten fixen 17-Wochen-Zeiträume eingehalten wurde ➪ Die Zeiträume vor 2020 sind in Ordnung und bleiben unangetastet.
- Stellt das Arbeitsinspektorat hingegen fest, dass die durchschnittliche Wochenarbeitszeit von 48 Stunden innerhalb der vom Unternehmen festgelegten fixen 17-Wochen-Zeiträume nicht eingehalten wurde ➪ Je nachdem, wie schwerwiegend der Arbeitszeitverstoß ist, berät das Arbeitsinspektorat den Dienstgeber, oder verwarnt ihn oder zeigt den Dienstgeber bei der zuständigen Verwaltungsstrafbehörde an.