Diese Klausel reicht nicht: „sämtliche wechselseitigen Ansprüche aus dem Dienstverhältnis sind bereinigt“
Das folgende OGH-Urteil erleichtert den Personalisten die Abrechnung einer Dienstvertragsbeendigung.
Nach Streitigkeiten über Entgeltansprüche (Einstufung, Provision, Prämie etc) oder über die Art, wie das Dienstverhältnis beendet wurde (Kündigung/-anfechtung, Entlassung/-anfechtung) kommt es oft zu einer Zahlung an den Dienstnehmer ‒ doch wie ist diese abzurechnen?
Als Vergleich oder freiwillige Abfertigung oder Abgangsentschädigung oder Nachzahlung – Je nachdem, WARUM (Motivforschung!) diese Zahlungen geleistet werden, sind sie unterschiedlich abgabenrechtlich abzurechnen.
Dann kommt die GPLA => sieht ein anderes WARUM.
Der Dienstnehmer (im System Abfertigung „Neu“) forderte bspw, dass die Zahlung an ihn als Vergleich abzurechnen ist (bis € 7.500,00 mit 6 % Lohnsteuer, 1/5 des übersteigenden Betrages [max € 9.396,00¸Wert 2019] steuerfrei).
Die GPLA sieht jedoch als Motiv für die Zahlung an den Dienstnehmer, dass dieser der ‒ vom Dienstgeber angestrebten ‒ Vertragsauflösung zustimmt => Abrechnung als – nicht lohnsteuerbegünstigte ‒ Abgangsentschädigung => und schon zahlt der Dienstgeber Lohnsteuer nach.
Rechtsvertreter der Dienstnehmer haben in den allermeisten Fällen in die Trennungsvereinbarung immer auch eine Generalbereinigungsklausel (Formulierung im Streitfall: siehe Überschrift) aufgenommen.
„Killt“ diese Klausel die Möglichkeit, die durch die GPLA vorgeschriebenen Lohnsteuernachzahlung ‒ oft Jahre nach dem Ausscheiden des Dienstnehmers ‒ sich beim Dienstnehmer zu holen (Lohnsteuerregress)?
Bisher ging man davon aus, dass aufgrund der Generalbereinigungsklausel nicht nur
nicht vom Dienstnehmer eingefordert werden können.
Der OGH vom 23. Juli 2019, 9 ObA 74/19a sieht das anders => Lohnsteuerregress trotz Generalbereinigungsklausel zulässig!
Sachverhalt:
Ein Vorstandsvertrag wurde mittels Auflösungsvereinbarung vom 16. 6. 2016 beendet. Der ausscheidende Vorstand erhielt eine Abfindung in Höhe von 6 Monatsbruttoentgelten. Die Vereinbarung enthielt auch eine Generalbereinigungsklausel („sämtliche wechselseitigen Ansprüche aus dem freien Dienstverhältnis/Anstellungsvertrag sind bereinigt“).
Trotz dieser Generalbereinigungsklausel forderte die Aktiengesellschaft jene Lohnsteuer vom ausgeschiedenen Vorstand, die sie aufgrund der GPLA nachzahlen musste.
Dass sich der Vorstand dagegen wehrt, ist nachvollziehbar. Allerdings gibt der OGH mit folgender Begründung der Aktiengesellschaft Recht:
- 1Hat das Finanzamt die Haftung des Dienstgebers aufgrund des § 72 EStG für zu wenig abgezogene Lohnsteuer in Anspruch genommen, so tritt der Dienstgeber in die Rechte des ursprünglichen Gläubigers (Republik Österreich) ein; Er ist in einem solchen Fall befugt, vom Dienstnehmer als Steuerschuldner den Ersatz der bezahlten Schuld gemäß § 1358 ABGB zu fordern.
- 2Gegenstand der Generalbereinigungsklausel in der Formulierung des vorliegenden Streitfalles sind
- 3Es kann nicht ohne Weiteres davon ausgegangen werden ‒ so der OGH ‒ , dass mit einer in einer Auflösungsvereinbarung enthaltenen Generalklausel, nach der die wechselseitigen Ansprüche aus einem Vertragsverhältnis bereinigt und verglichen sein sollen, auch Streitigkeiten aus denjenigen Ansprüchen mitverglichen sein sollen, die erst durch die Auflösungsvereinbarung geschaffen werden.
- 4Auch war nach Ansicht des OGH der Wille der Vertragsparteien (Dienstgeber und Dienstnehmer) klar darauf gerichtet, dass die dem Vorstand zu leistende Abfindungszahlung der Höhe nach 6 Bruttomonatsgehälter betragen sollte.
- 5Dass dem Vorstand ein bestimmter Nettobetrag zufließen sollte, wurde nicht vereinbart.
- 6Die Ansicht des Vorstandes, wonach die Aktiengesellschaft die nachgezahlte Lohnsteuer nicht bei ihm rückfordern kann hätte die Konsequenz, dass die Aktiengesellschaft mehr bezahlen und der Vorstand mehr erhalten würde, als es der klaren Vereinbarung einer Abfindungszahlung aufgrund der Bruttomonatsgehälter entspräche.

Tipp aus der Praxis für Dienstgeber
Formulieren Sie als Dienstgeber die Generalbereinigungsklausel analog wie im Streitfall („sämtliche wechselseitigen Ansprüche aus dem Dienstverhältnis sind bereinigt“), denn dann schließt diese Klausel …

Tipp aus der Praxis für Dienstnehmer
Wollen Sie als Dienstnehmer verhindern, dass eine Lohnsteuernachzahlung anlässlich einer GPLA, Ihre Abfindung betreffend, vom Dienstgeber bei Ihnen regressiert werden kann, dann muss die bisher überwiegend in der Praxis übliche Generalbereinigungsklauselformulierung „erweitert“ werden:
„… sämtliche wechselseitigen Ansprüche aus dem Dienstverhältnis sind bereinigt. Allfällige Abgabennachforderungen jedweder Art, auch jene aufgrund der Abrechnung der in der Auflösungsvereinbarung enthaltenen beendigungskausalen Zahlungen gehen zu Lasten des Dienstgebers“.

Der Autor: Mag. Ernst Patka
Steuerberater, Personalrechts-Experte, Chefredakteur der Personalverrechnung für die Praxis (LexisNexis)
Er ist spezialisiert auf unterhaltsame und informative Vorträge im Arbeits‑, Sozialversicherungs- und Lohnsteuerrecht
Lieber Herr MagPatka,
Sehe die Entscheidung vollkommen richtig! Der DN ist und bleibt der Abgabenschuldige und nachher so zu tun als gehe ihm das nichts an, ist nicht ok. Besonders ein Vorstand sollte sich nicht auf das Fachwissen, das ihm ev. fehlte, berufen!
LG Ruf