Ob durch den stetigen Klimawandel oder aufgrund menschlicher Gestaltungsfehler im Hochwasser- und Lawinenschutz: Katastrophenartige Wetterkapriolen nehmen stark zu: Schneemassen und Lawinen im Winter, Hangrutschungen und Überflutungen im Sommer.
In diesem BLOG-Beitrag informieren mein Team und ich darüber, welche Möglichkeiten der Dienstgeber hat, Dienstnehmer zu unterstützen, die
a)
freiwillige Mitglieder einer Katastrophenhilfsorganisation, eines Rettungsdienstes oder einer freiwilligen Feuerwehr sind bzw
b)
durch Hochwasser oder durch andere Katastrophen geschädigt wurden
Themen dieses Beitrags:
(1)
Dienstnehmer im Katastropheneinsatz
(2)
Sach- oder Geldzuwendungen des Dienstgebers an Katastrophengeschädigte
(3)
Home-Office-Tätigkeit ist vorübergehend dem katastrophengeschädigten Dienstnehmer nicht möglich: Was tun?
Dienstnehmer im Katastropheneinsatz
Geregelt sind Einsätze bei Großschadensereignissen von Dienstnehmern, die freiwillige Mitglieder einer Katastrophenhilfsorganisation, eines Rettungsdienstes oder einer freiwilligen Feuerwehr sind.
a) Was ist ein Großschadensereignis?
Ein Großschadensereignis ist eine Schadenslage, bei der während eines durchgehenden Zeitraumes von
- zumindest 8 Stunden
- insgesamt mehr als 100 Personen im Einsatz notwendig sind.
Typische Fälle aus der jüngsten Vergangenheit sind die regional besonders stark hochwassergeschädigten Bezirke bspw in Tirol (Bezirk Kitzbühel) und in Salzburg (Bezirk Hallein).
b) Was kann der Dienstgeber für die Dienstnehmer im Katastrophenhilfseinsatz tun?
Verschaffen Sie den Dienstnehmern einen Entgeltfortzahlungsanspruch. Dienstnehmer,
- die freiwillige Mitglieder einer Katastrophenhilfsorganisation, eines Rettungsdienstes oder einer freiwilligen Feuerwehr und
- im Einsatz bei Großschadensereignissen sind,
- haben dann einen Entgeltfortzahlungsanspruch während dieser Zeit, WENN
- Sie als Dienstgeber mit dem Dienstnehmer vor dessen Einsatz – idealerweise schriftlich – eine Vereinbarung über Ausmaß und Lage der für das Großschadensereignis erforderlichen Dienstfreistellung abschließen.
Um dem Dienstnehmer die finanzielle Unsicherheit bei künftigen Einsätzen bei Großschadensereignis zu nehmen, können entsprechende Freistellungsvereinbarungen auch vorab für zukünftige Einsätze getroffen werden.
c) Zahlt der Dienstgeber diese Entgeltfortzahlung zur Gänze aus der eigenen Tasche?
➪ NEIN! Dienstgebern, die an Dienstnehmer gemäß vorangegangenen Punkt b) eine Entgeltfortzahlung geleistet haben, gebührt nach den jeweiligen Landesgesetzen eine Abgeltung durch das Land.
Der Antrag muss in dem Bundesland gestellt werden, in dem das Großschadensereignis eingetreten ist.
Praxistipps:
1)
Informieren Sie den Dienstnehmer, dass er Ihnen für jeden seiner Einsätze bei einem Großschadensereignis eine entsprechende Bestätigung seiner Blaulichtorganisation (Rettung, Feuerwehr, Katastrophendienst) vorlegt.
Link zum Bestätigungsmuster: ➪ BESTÄTIGUNG der Einsatzorganisation für den Arbeitgeber2)
Dann beantragen Sie beim Amt der Landesregierung, in dessen Bundesland das Großschadensereignis stattgefunden hat, den Bonus.
Dieser Bonus ist
- ein Ausgleich für den Aufwand, den der Dienstgeber aufgrund der bezahlten Dienstfreistellung während des Dienstnehmereinsatzes beim Großschadensereignisses hat und
- er beträgt pauschal EUR 200,00 pro Dienstnehmer pro Tag sofern der Einsatz zumindest 8 Stunden gedauert hat.
Link zum Antragsformular: ➪ Antragsformular für die Entgeltrückerstattung
3)
Weitere hilfreiche Links:
➪ Ereignismeldung der Blaulichtorganisation zur Vorlage an den Arbeitgeber (Download Excel-Sheet)
Abonnenten des Vorlagenportals (www.vorlagenportal.at) stehen die folgenden Mustervorlagen zur Verfügung:
4)
Dienstnehmer: Bitte beachten:
Dh Dienstnehmer, die unorganisiert, also ohne Rettungsorganisation im Rücken sich freiwillig zu Hilfsdiensten melden, müssen diese Dienstabwesenheit vorab mit dem Dienstgeber vereinbaren (zB Urlaub, Zeitausgleich), denn Geld vom Dienstgeber gibt es während dieser Zeit keines bzw der Dienstgeber erhält auch nicht den zuvor angeführten Bonus
- der Dienstnehmer unvorhergesehen und unverschuldet aufgrund einer Katastrophenlage nicht von zu Hause zum Arbeitsplatz fahren kann, oder
- wenn er Schutzmaßnahmen ergreifen muss, um Schaden bzw Vernichtung eigenen Vermögens (Hab & Gut) zu verhindern (zB wenn der Dienstnehmer Sandsäcke und andere Hochwasserabwehrmaßnahmen zum Schutz seines Eigenheims errichten muss), oder
- bei Nothilfe. Im Fall der Nothilfe (zB Rettung der 80-jährigen Nachbarin aus dem vermurten Haus) kann man auch ohne Zustimmung des Dienstgebers vom Arbeitsplatz fernbleiben.
Eine Mitteilung an den Dienstgeber muss jedoch erfolgen!
Sach- oder Geldzuwendungen des Dienstgebers an Katastrophengeschädigte
a)
Gemäß § 3 Abs 1 Z 16 Einkommensteuergesetz sind steuerfrei:
„Freiwillige soziale Zuwendungen des Arbeitgebers an den Betriebsratsfonds, weiters freiwillige Zuwendungen zur Beseitigung von Katastrophenschäden, insbesondere Hochwasser‑, Erdrutsch‑, Vermurungs- und Lawinenschäden.“
b)
Gemäß § 49 Abs 3 Z 11a ASVG zählt nicht zum Entgelt (dh diese Zuwendungen sind sozialversicherungs-frei):
„Z 11 „freiwillige soziale Zuwendungen, das sind
a) Zuwendungen des Dienstgebers an den Betriebsratsfonds, weiters Zuwendungen zur Beseitigung von Katastrophenschäden, insbesondere Hochwasser‑, Erdrutsch‑, Vermurungs- und Lawinenschäden, …“
c)
Die Randzahl 92 der Lohnsteuerrichtlinien 2002 informiert, welche Zuwendungen des Dienstgebers an den katastrophengeschädigten Dienstnehmer abgabenfrei, dh lohnsteuer‑, sozialversicherungs- und Lohnnebenkostenfrei sind.
Die Randzahl lautet (Hervorhebungen zur besseren Lese- und Merkbarkeit):
„Freiwillige Zuwendungen zur Beseitigung von Katastrophenschäden, insbesondere von Hochwasser‑, Erdrutsch‑, Vermurungs- und Lawinenschäden sowie von Schäden auf Grund von Sturmkatastrophen, stellen beim Spendenempfänger keine steuerpflichtigen Einnahmen dar.
Unerheblich ist, ob es sich beim Empfänger um eine Privatperson, einen Unternehmer oder einen Arbeitnehmer eines Unternehmers handelt.
Unter die Befreiungsbestimmung fallen sowohl Geldzuwendungen als auch Zuwendungen geldwerter Vorteile. Somit sind auch Sachbezüge im Zusammenhang mit Katastrophenschäden ohne betragliche Begrenzung steuerfrei (zB Arbeitgeber gewährt dem Arbeitnehmer ein zinsenloses oder zinsverbilligtes Darlehen).
Ist der Spendenempfänger Arbeitnehmer des Spenders, fallen auch keine Lohnnebenkosten (keine Sozialversicherung, kein Dienstgeberbeitrag, keine Kommunalsteuer) an.
Steuerfrei sind nur Zuwendungen, die darauf gerichtet sind, unmittelbare Katastrophenschäden (Sachschäden, Kosten für Aufräumarbeiten usw.) zu beseitigen.
Zuwendungen im Zusammenhang mit der Beseitigung oder Milderung mittelbarer Katastrophenfolgen (zB Verdienstentgang als mittelbare Folge einer Katastrophe) sind nicht begünstigt.
Die steuerfreien Zuwendungen sind im Lohnzettel einerseits bei den “Bruttobezügen” (Kennzahl 210) und andererseits bei den “sonstigen steuerfreien Bezügen” (Vorkolonne der Kennzahl 243) zu berücksichtigen.“
Zusammengefasst gilt, dass sowohl der Dienstgeber als auch der Betriebsrat (aus einem entsprechenden [Katastrophen]Fonds) abgabenfreie Geld- oder Sachzuwendungen an katastrophengeschädigte Dienstnehmer leisten kann, damit der Dienstnehmer diese Zuwendungen für die unmittelbareSchadensbeseitigung verwenden kann.
Der Dienstgeber sollte hierfür entsprechende Belegskopien oder andere Nachweise (Fotos, die das Schadensausmaß belegen, Schadensbestätigung durch die Wohnsitzgemeinde etc) für die Schadensbeseitigung zum Personalakt nehmen.
Home-Office-Tätigkeit ist vorübergehend dem katastrophengeschädigten Dienstnehmer nicht möglich: Was tun?
Kann für genau definierte Gründe (zB Wohnungsrenovierung) vorübergehend für kurze Zeit die Tätigkeit im Home-Office sistiert werden?
Unter Sistierung versteht man eine
- einseitig vom Dienstgeber oder Dienstnehmer,
- aufgrund eines besonderen Anlasses,
- für kurze Zeit (zB 3 bis 4 Wochen),
- vorgenommene Aussetzung der Home-Office-Tätigkeit.
Sistierung ist eine praxisorientierte Lösung für Fälle, bei denen aufgrund eines besonderen Anlasses vorübergehend im Home-Office
a)
nicht gearbeitet werden kann (zB Baumaßnahmen in der Wohnung, Wohnungsangehörige sind erkrankt, aufgrund Hochwasserschäden ist die Wohnung/das Eigenheim vorübergehend unbenützbar uä) oder
b)
nicht gearbeitet werden soll (mehrere Dienstnehmer sind krank, daher soll der im Home-Office tätige Dienstnehmer im Büro arbeiten um die „Vor-Ort-Mindestbesetzungsanzahl“ zu gewährleisten, uä).
Praxistipps:
Regeln Sie einvernehmlich in der Home-Office-Vereinbarung, dass
- bei Vorliegen von bestimmten Gründen (➪ beispielhafte Aufzählung in der Vereinbarung),
- Dienstgeber oder Dienstnehmer einseitig für kurze Zeit (➪ geben Sie eine Höchstgrenze hierfür [zB 4 Wochen] an)
die Home-Office-Tätigkeit aussetzen können.
(© dieser Idee: Univ.-Prof. Dr. Franz Schrank)
Die vorübergehende Unbenützbarkeit der Wohnung/des Eigenheims aufgrund bspw Hochwasserschäden ist meiner Ansicht nach so ein klassischer Sistierungsgrund.