Antworten auf 7 arbeitsrechtliche Fragen
1. Muss ein Erkrankungsfall bzw ‑verdacht angezeigt werden?
Anzeigepflichtige Verdachts- bzw Erkrankungsfälle sind in mehreren Gesetzen geregelt (zB Epidemiegesetz, Tuberkolosegesetz, AIDS-Gesetz, Geschlechtskrankheitengesetz).
Das Sozialministerium veröffentlicht auf seiner Homepage eine entsprechende Liste (Stand Oktober 2019).
Diese Liste enthält noch nicht den Corona-Virus, der kürzlich aufgrund der Verordnung des Gesundheitsministers Rudolf Anschober zu den anzeigepflichtigen Verdachts- bzw Erkrankungsfällen hinzugefügt wurde.
2. Wer ist zur Anzeige verpflichtet?
Primär ist der zugezogene Arzt bzw Leiter der Krankenanstalt zur Anzeige verpflichtet.
Auch das Labor, das den Erreger einer meldepflichtigen Krankheit diagnostiziert hat, ist verpflichtet, eine Anzeige zu erstatten.
Eine Anzeigepflicht besteht auch für die folgenden Personen, wie etwa berufsmäßiges Pflegepersonal, Vorsteher öffentlicher und privater Lehranstalten (zB Schuldirektoren) und Kindergärten, aber auch Wohnungsinhaber, Hausbesitzer und Inhaber von Gast- und Schankgewerben (Gastwirt, Restaurant‑, Barbesitzer etc).
Die vollständige Liste der Personen, die zur Anzeige verpflichtet sind, finden Sie im § 3 Epidemiegesetz
Hier der Link zum Nachlesen:
Die Anzeige ist an die Bezirksverwaltungsbehörde (Gesundheitsamt) zu richten.
3. Welche Maßnahmen kann die Behörde anordnen?
Um zu verhindern, dass sich die Krankheit verbreitet, können Kranke, Krankheitsverdächtige oder ansteckungsverdächtige Personen unter sanitätspolizeiliche Beobachtung oder Überwachung gestellt werden.
Die Bezirksverwaltungsbehörde kann bspw anordnen, dass
- Personen mit Verdacht auf meldepflichtiger Krankheit nicht bei der Gewinnung und Behandlung von Lebensmitteln tätig sein dürfen, wenn dadurch die Gefahr der Übertragung der Krankheitskeime auf Lebensmittel oder Personen besteht;
- in besonderen Fällen der Betrieb nur mehr eingeschränkt arbeiten darf;
- der Betrieb ‒ in besonders gravierenden Fällen ‒ geschlossen werden muss.
4. Die Behörde verbietet die Erwerbstätigkeit ➯ Liegt ein Dienstverhinderungsgrund oder ein Krankenstand vor?
Hier ist zu unterscheiden, ob der „virusverdächtige“ Dienstnehmer …
- unter Verdacht steht, an einer meldepflichtigen Krankheit erkrankt zu sein und daher vorsichtshalber seitens der Bezirkshauptmannschaft ein Beschäftigungsverbot ausgesprochen worden ist ➯ Es liegt ein Dienstverhinderungsgrund vor;
- tatsächlich erkrankt ist und demzufolge eine Krankschreibung durch den zuständigen Arzt vorliegt ➯ Es liegt ein „normaler“ Krankenstand vor
5. Haben die betroffenen Dienstnehmer einen Anspruch auf Entgeltfortzahlung?
Aufgrund entsprechender gesetzlicher Regelungen haben sowohl Arbeiter (§ 2 EFZG bzw § 1154b ABGB) als auch Angestellte (§ 8 AngG) einen Entgeltfortzahlungsanspruch, wenn der „arbeitsbefreite“ Dienstnehmer durch
verhindert ist, die vereinbarte Leistung zu erbringen.
Der Dienstgeber hat daher – auch bei behördlich untersagter Erwerbstätigkeit – das regelmäßige Entgelt an den bzw die „arbeitsbefreiten“ Dienstnehmer (Ausfallsprinzip) zu bezahlen.
6. Erhält der Dienstgeber einen Kostenersatz für die geleistete Entgeltfortzahlung?
Unter dem Titel „Vergütung für den Verdienstentgang“ erhält der Dienstgeber gemäß § 32 Abs 3 Epidemiegesetz unter bestimmten Voraussetzungen eine Vergütung.
Aus dieser gesetzlichen Bestimmung ergeben sich die folgenden Konsequenzen:
- Der „Verdienstentgangs-Vergütungsanspruch“ des Dienstgebers gegenüber dem Bund besteht ab dem Zeitpunkt, an dem der Dienstgeber das Entgelt an den „arbeitsbefreiten“ Dienstnehmer ausbezahlt hat.
- Der „Verdienstentgangs-Vergütungsanspruch“ des Dienstgeber gegenüber dem Bund umfasst
➯ das regelmäßige Entgelt sowie
➯ den Sozialversicherungs-Dienstgeber-Anteil,
➯ Abfertigung-„Neu“-Beiträge und
➯ den Zuschlag gemäß Bauarbeiterurlaubsgesetz. - Der Anspruch muss binnen 6 Wochen vom Tag der Aufhebung der behördlichen Maßnahmen bei der Bezirksverwaltungsbehörde, in deren Bereich diese Maßnahmen getroffen wurden, geltend gemacht werden.
- Der Anspruch auf Vergütung steht auch selbstständig Erwerbstätigen zu, sofern sie aufgrund bestimmter Maßnahmen gegen anzeigepflichtige Krankheiten einen Verdienstentgang erlitten haben.
7. Wo und in welcher Form kann der Antrag gestellt werden?
Der Antrag muss folgende Informationen beinhalten:
Der Antrag ist bei der zuständigen Bezirksverwaltungsbehörde einzubringen.
Hinweis: Diese Information basiert auf einen, von Mag. Jessica Ghahramani-Hofer, Mag. Lisa Baumgartner verfassten Artikel in der Personalverrechnung für die Praxis (Verlag Lexis-Nexis); Heft April 2019.