Zuletzt im Herbst 2023 wurden aufgrund der EU-Richtlinie 2019/1158 („Work-Life-Balance-Richtlinie“) umfangreiche Änderungen im österreichischen Arbeitsrecht (Karenz, Pflegefreistellung uvm) vorgenommen.
Das Ausmaß dieser Änderungen im österreichischen Arbeitsrecht ist vergleichbar mit einem Erdbeben der Stärke 5,5 – ab Stärke 5 wird es „anstrengend“.
Kaum wurden in den Personalabteilungen entsprechende „Aufräumarbeiten“ (= Umsetzungen der arbeitsrechtlichen Neuerungen) vorgenommen, bebt die Erde erneut, denn es ist die nächste EU-Richtlinie umzusetzen (EU-Richtlinie 2019/1152) mit erneut umfangreichen Änderungen im österreichischen Arbeitsrecht.
Derzeit liegt ein entsprechender Initiativantrag (kurz: IA) vor, der – wenn er in dieser Form in das österreichische Arbeitsrecht eingearbeitet wird (insbesondere das Recht auf Mehrfachbeschäftigung iVm der Sozialversicherungszuständigkeitsregel in der EU!) – die Erdbebenstärke auf mindestens 6,5 (erhebliche Troubles) erhöht.
Der Initiativantrag sieht vor, dass das österreichische Arbeitsrecht aufgrund der EU-Richtlinie 2019/1152 in den folgenden Punkten angepasst werden muss:
I.
Die Bestimmungen über den Dienstzettel/Dienstschein im Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz (AVRAG), im Arbeitskräfteüberlassungsgesetz (AÜG), im Hausgehilfen- und Hausangestelltengesetz (HGHAG) und Landarbeitsgesetz 2021 (LAG) müssen adaptiert werden.
II.
Im AVRAG und im LAG soll neu eingeführt werden, dass der Dienstgeber verpflichtet ist, bestimmte Aus‑, Fort- und Weiterbildungskosten des Dienstnehmers zu tragen (sofern die Kostentragung nicht von Dritten vorgesehen ist) und als Arbeitszeit anzuerkennen.
III.
Das Recht auf Mehrfachbeschäftigung im AVRAG und im LAG soll ausdrücklich gesetzlich verankert werden. Hierbei wird klargestellt, dass in das Konkurrenzverbot, geregelt im Angestelltengesetz (AngG), nicht eingegriffen wird.
IV.
Hinsichtlich dieser 3 zentralen Arbeitsrechtsanpassungen
- Ausstellung von Dienstzettel
- Aus‑, Weiter- und Fortbildungskostenübernahme durch Dienstgeber
- Recht auf Mehrfachbeschäftigung
sollen folgende Begleitmaßnahmen im AVRAG und LAG vorgenommen werden:
V.
Weitere geplante Neuerungen: Der Anspruch auf Freistellung für die Begleitung von Kindern bei Rehabilitationsaufenthalt im AVRAG und im LAG wird ausgeweitet.
I.
Dienstzettel
1. Freie Dienstnehmer (§ 1164a ABGB = zwingendes Recht)
WANN ist der Dienstzettel auszustellen?
Der Dienstzettel ist unverzüglich nach Beginn des freien Dienstverhältnisses auszustellen ➪ nach Wahl des freien Dienstnehmers kann der Dienstzettel physische übergeben oder elektronisch übermittelt werden.
INHALT
Der Dienstzettel hat folgende Angaben zu enthalten (geplante Neuerungen: in Fettschrift):
- Name und Anschrift des Dienstgebers, Sitz des Unternehmens,
- Name und Anschrift des freien Dienstnehmers,
- Beginn des freien Dienstverhältnisses,
- bei freien Dienstverhältnissen auf bestimmte Zeit das Ende des freien Dienstverhältnisses,
- Dauer der Kündigungsfrist, Kündigungstermin,
- vorgesehene Tätigkeit und eine kurze Beschreibung dieser Tätigkeit,
- Entgelt, Fälligkeit und Art der Auszahlung des Entgelts,
- Name und Anschrift des Trägers der Sozialversicherung und der Betrieblichen Vorsorgekasse (BV-Kasse) des freien Dienstnehmers.
Hat der freie Dienstnehmer seine Tätigkeit länger als 1 Monat im AUSLAND zu verrichten, so hat der vor seiner Abreise ihm auszuhändigende Dienstzettel oder schriftliche freie Dienstvertrag zusätzlich folgende Angaben zu enthalten:
- der Staat, in dem die Tätigkeit erbracht werden soll und deren voraussichtliche Dauer,
- die Währung, in der das Entgelt auszuzahlen ist,
- allenfalls Bedingungen für die Rückführung nach Österreich,
- allfällige zusätzliche Vergütung für die Auslandstätigkeit,
- allfälliger Aufwandersatz und
- einen Hinweis auf die Website des Staates, in dem die Tätigkeit erbracht wird, nach Art. 5 Abs. 2 der Richtlinie 2014/67/EU zur Durchsetzung der Richtlinie 96/71/EG über die Entsendung von Arbeitnehmern im Rahmen der Erbringung von Dienstleistungen und zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 1024/2012 über die Verwaltungszusammenarbeit mit Hilfe des Binnenmarkt-Informationssystems.
Die Pflicht, einen Dienstzettel auszuhändigen ENTFÄLLT, wenn …
- ein schriftlicher freier Dienstvertrag ausgehändigt wurde, der alle zuvor genannten Angaben enthält, oder
- bei Auslandstätigkeit die in Abs. 2 genannten Angaben in anderen schriftlichen Unterlagen enthalten sind.
Die bisherige Ausnahme, dass für freie Dienstverträge, deren Dauer höchstens 1 Monat beträgt, kein Dienstzettel ausgestellt werden muss, soll entfallen, dh
➪ NEU: Auch in diesen Fällen ist ein Dienstzettel auszustellen.
Änderung bei den oa Angaben
Jede Änderung bei den oa Angaben ist dem freien Dienstnehmer unverzüglich, spätestens jedoch am Tag ihres Wirksamwerdens schriftlich mitzuteilen, es sei denn, die Änderung erfolgte aufgrund von Gesetzesänderungen.
2. „Echte“ Dienstnehmer (§ 2 AVRAG)
WANN ist der Dienstzettel auszustellen?
➪ wie bei freiem Dienstnehmer (inkl Wahlrecht).
AB WANN müssen die Dienstzettel die neuen Inhalte aufweisen?
Die neuen Regelungen über den Dienstzettel gelten erst für Dienstverträge die ab In-Kraft-Treten der Regelungen des § 2 AVRAG begründet werden.
INHALT
Der Dienstzettel hat folgende Angaben zu enthalten (geplante Neuerungen: gelbmarkiert und in Fett-/Kursivschrift):
- Name und Anschrift des Arbeitgebers,
- Name und Anschrift des Arbeitnehmers,
- Beginn des Arbeitsverhältnisses,
- bei Arbeitsverhältnissen auf bestimmte Zeit das Ende des Arbeitsverhältnisses,
- Dauer der Kündigungsfrist, Kündigungstermin, Hinweis auf das einzuhaltende Kündigungsverfahren,
- gewöhnlicher Arbeits(Einsatz)ort, erforderlichenfalls Hinweis auf wechselnde Arbeits(Einsatz)orte, Sitz des Unternehmens,
- allfällige Einstufung in ein generelles Schema,
- vorgesehene Verwendung und kurze Beschreibung der zu erbringenden Arbeitsleistung,
- die betragsmäßige Höhe des Grundgehalts oder ‑lohns, weitere Entgeltbestandteile wie z.B. Sonderzahlungen, gegebenenfalls die Vergütung von Überstunden, Fälligkeit und Art der Auszahlung des Entgelts,
- Ausmaß des jährlichen Erholungsurlaubes,
- vereinbarte tägliche oder wöchentliche Normalarbeitszeit des Arbeitnehmers, sofern es sich nicht um Arbeitsverhältnisse handelt, auf die das Hausbesorgergesetz, BGBl. Nr. 16/1970, anzuwenden ist, gegebenenfalls Angaben zu den Bedingungen für die Änderung von Schichtplänen, und
- Bezeichnung der auf den Arbeitsvertrag allenfalls anzuwendenden Normen der kollektiven Rechtsgestaltung (Kollektivvertrag, Satzung, Mindestlohntarif, festgesetzte Lehrlingsentschädigung, Betriebsvereinbarung) und Hinweis auf den Raum im Betrieb, in dem diese zur Einsichtnahme aufliegen,
- Name und Anschrift des Trägers der Sozialversicherung und der Betrieblichen Vorsorgekasse (BV-Kasse) des Arbeitnehmers oder für Arbeitnehmer, die dem Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungsgesetz (BUAG), BGBl. Nr. 414/1972, unterliegen, Name und Anschrift der Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungskasse,
- Dauer und Bedingungen einer vereinbarten Probezeit,
- gegebenenfalls den Anspruch auf eine vom Arbeitgeber bereitgestellte Fortbildung.
AUSSTELLUNGERLEICHTERUNG
Hinsichtlich der oa Angaben mit den Ziffern Z 5, 6, 9 (ausgenommen die Angaben zum Grundgehalt oder ‑lohn), 10, 11, 14, 15 kann verwiesen werden auf die für das Dienstverhältnis geltenden Bestimmungen in Gesetzen oder in Normen der kollektiven Rechtsgestaltung (zB Kollektivvertrag) oder in betriebsüblich angewendeten Reiserichtlinien erfolgen.
Hat der Dienstnehmer seine Tätigkeit länger als 1 Monat im AUSLAND zu verrichten, so hat der vor seiner Abreise ihm auszuhändigende Dienstzettel oder schriftliche freie Dienstvertrag zusätzlich folgende Angaben zu enthalten:
- der Staat, in dem die Arbeitsleistung erbracht werden soll und deren voraussichtliche Dauer,
- die Währung, in der das Entgelt auszuzahlen ist,
- allenfalls Bedingungen für die Rückführung nach Österreich und
- allfällige zusätzliche Vergütung für die Auslandstätigkeit einschließlich eines höheren Mindestentgelts nach den lohnrechtlichen Bestimmungen des Staates, in dem die Arbeitsleistung erbracht wird,
- allfälliger Aufwandersatz nach anwendbaren österreichischen Bestimmungen und nach den Bestimmungen des Staates, in dem die Arbeitsleistung erbracht wird,
- einen Hinweis auf die Website des Staates, in dem die Arbeitsleistung erbracht wird, nach Art. 5 Abs. 2 der Richtlinie 2014/67/EU zur Durchsetzung der Richtlinie 96/71/EG über die Entsendung von Arbeitnehmern im Rahmen der Erbringung von Dienstleistungen und zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 1024/2012 über die Verwaltungszusammenarbeit mit Hilfe des Binnenmarkt-Informationssystems, ABl. Nr. L 159 vom 28.05.2014, S. 11.
AUSSTELLUNGERLEICHTERUNG ZUM “AUSLANDSTEIL”
Hinsichtlich der oa Angaben mit den Ziffern Z 2 und 4 kann verwiesen werden auf die für das Dienstverhältnis geltenden Bestimmungen in Gesetzen oder in Normen der kollektiven Rechtsgestaltung (zB Kollektivvertrag) oder in betriebsüblich angewendeten Reiserichtlinien erfolgen.
Die Pflicht, einen Dienstzettel auszuhändigen ENTFÄLLT ➪ siehe freier Dienstvertrag
Änderung bei den oa Angaben
Jede Änderung bei den oa Angaben ist dem Dienstnehmer unverzüglich, spätestens jedoch am Tag ihres Wirksamwerdens schriftlich mitzuteilen, es sei denn, …
a)
es haben sich die gesetzlichen oder kollektivvertraglichen Bestimmungen geändert oder
b)
die Änderung ergibt sich aus der dienstzeitabhängigen Vorrückung in derselben Verwendungs- oder Berufsgruppe der anzuwendenden Norm der kollektiven Rechtsgestaltung (zB Kollektivvertrag).
KONSEQUENZEN, wenn der Dienstzettel NICHT AUSGEHÄNDIGT wird
1.
Verwaltungsstrafe (zuständig: Bezirksverwaltungsbehörde) iHv € 100,00 bis € 436,00 pro Dienstnehmer, dem kein Dienstzettel ausgehändigt wurde
2.
Sind mehr als 5 Dienstnehmer betroffen oder wurde der Dienstgeber innerhalb der letzten 3 Jahre vor der neuerlichen Übertretung bereits rechtskräftig bestraft, beträgt die Geldstrafe € 500,00 bis € 2.000,00.
Hinsichtlich des höheren Strafrahmens gilt: Der Dienstgeber begeht eine einzige Verwaltungsübertretung, unabhängig von der Anzahl der von der Verwaltungsübertretung betroffenen Dienstnehmer.
3.
Stellt die Bezirksverwaltungsbehörde nach Einleitung des Strafverfahrens fest, dass der Dienstgeber dem Dienstnehmer inzwischen nachweislich einen Dienstzettel ausgehändigt hat und das Verschulden des Dienstgebers gering ist, hat sie von der Verhängung einer Geldstrafe abzusehen.
Geringes Verschulden liegt vor, wenn der Gesetzesverstoß gelegentlich auch einem sorgfältigen Menschen unterläuft. Das ist insbesondere bei einem erstmaligen Verstoß gegen die Verpflichtung zur Aushändigung des Dienstzettels der Fall.
II.
Kostenübernahmeverpflichtung bei Aus‑, Fort- und Weiterbildung (§ 11b AVRAG)
Der geplante Gesetzestext soll wie folgt lauten:
(1) Ist auf Grund gesetzlicher Vorschriften, Verordnungen, Normen der kollektiven Rechtsgestaltung oder des Arbeitsvertrages eine bestimmte Aus‑, Fort- oder Weiterbildung Voraussetzung für die Ausübung einer arbeitsvertraglich vereinbarten Tätigkeit, so
- ist die Teilnahme des Arbeitnehmers an dieser Aus‑, Fort- oder Weiterbildung Arbeitszeit;
- sind die Kosten für diese Aus‑, Fort- oder Weiterbildung vom Arbeitgeber zu tragen, es sei denn, die Kosten werden von einem Dritten getragen.
Praxisanalyse
Artikel 13 der Richtlinie (EU) 2019/1152 verlangt folgende Neuerungen:
a) Die Kosten für
- jene Aus‑, Fort- oder Weiterbildungsmaßnahmen gelten, die
- aufgrund gesetzlicher Vorschriften, Verordnungen, Normen der kollektiven Rechtsgestaltung (zB Kollektivvertrag) oder des Dienstvertrages erforderlich sind, um
- die arbeitsvertraglich vereinbarte Tätigkeit auszuüben,
- dürfen dem Dienstnehmer weder in Rechnung gestellt noch vom Entgelt einbehalten oder abgezogen werden.
b) Die Zeit, in der der Dienstnehmer die oa Aus‑, Fort- oder Weiterbildungsmaßnahmen absolviert, gilt als Arbeitszeit.
III.
Das Recht auf Mehrfachbeschäftigung (§ 2i AVRAG)
Der geplante Gesetzestext soll wie folgt lauten:
(1) Der Arbeitnehmer ist berechtigt, ein Arbeitsverhältnis mit anderen Arbeitgebern einzugehen. Der Arbeitnehmer darf deswegen nicht benachteiligt werden.
(2) Der Arbeitgeber kann im Einzelfall verlangen, dass der Arbeitnehmer die Beschäftigung in einem weiteren Arbeitsverhältnis unterlässt, die
- mit arbeitszeitrechtlichen Bestimmungen nicht vereinbar ist oder
- der Verwendung im bestehenden Arbeitsverhältnis abträglich ist.
Praxisanalyse
1.
Dienstnehmer haben das Recht auf Nebenbeschäftigungen und dürfen deshalb nicht benachteiligt werden
2.
Der Dienstgeber kann im Einzelfall aus folgenden Gründen eine Nebenbeschäftigung verbieten:
a) Die im Arbeitszeitgesetz festgelegten Arbeitszeithöchstgrenzen werden durch die Nebenbeschäftigung überschritten.
b) Die Nebenbeschäftigung wirkt sich unzumutbar auf den Dienstgeber-Betrieb aus, in dem der Dienstnehmer
- seine Dienstvertragspflichten nicht mehr ordnungsgemäß erfüllen kann oder
- mit der Nebenbeschäftigung den Dienstgeber konkurrenziert
3.
Durch die neu geschaffenen Bestimmungen zur Mehrfachbeschäftigung wird – so ist klargestellt – nicht in das im Angestelltengesetz (AngG) festgelegte Konkurrenzverbot eingegriffen.
4.
Weitere Gründen aus denen der Dienstgeber die Nebenbeschäftigung untersagen kann, sind:
- Aus der Mehrbelastung resultierende Gefährdung für die Gesundheit und Sicherheit (den Arbeitnehmerschutz) des Dienstnehmers;
- Mögliche Preisgabe von Geschäftsgeheimnissen;
- aus den insgesamt ausgeübten Tätigkeiten entstehende Interessenkonflikte;
- Schädigung des Ansehens des Dienstgebers.
WARNHINWEIS: Erdbebenstärke 6,5
➪ Sie rechnen vermehrt Dienstnehmer nach EU-Sozialversicherungsrecht ab!!!
Übt ein Dienstnehmer, der seinen Wohnsitz (= Mittelpunkt der Lebensinteressen) in einem EU-Staat hat, aufgrund des Rechts auf Nebenbeschäftigung
- eine Nebenbeschäftigung in seinem Wohnsitzstaat aus und
- beträgt dadurch die in seinem Wohnsitzstaat zeitlich ausgeübten Dienstnehmertätigkeiten 25 % oder mehr seiner gesamten Dienstnehmertätigkeiten, dann verlagert sich die Sozialversicherungszuständigkeit aus Österreich weg in den EU-Wohnsitzstaat!
Diese „Erdbebengefahr“, wonach Sie Dienstnehmer nach ausländischem EU-Sozialversicherungsrecht abrechnen müssen, wird uE dramatisch zunehmen, insbesondere wenn der Dienstnehmer bereits 1 Tag Homeoffice in seinem EU-Wohnsitzstaat ausübt.
Ad hoc-Überlegungen, um diese Konsequenzen zu vermeiden:
- Teilzeitbeschäftigte EU-Bürger ➪ auf Vollzeit aufstocken und aufgrund Arbeitszeitgrenzen jede Nebenbeschäftigung untersagen
- Sie schließen mit dem Dienstnehmer eine Vereinbarung nach Art 21 Abs 2 der VO (EG) Nr 987/2009, wonach der Dienstnehmer sich verpflichtet, die Sozialversicherungsbeiträge (sowohl Dienstnehmer- als auch Dienstgeber-Anteil) an die Wohnsitzstaat-Behörden abzuführen.
Solch eine Vereinbarung muss vom Sozialversicherungs-Träger im Wohnsitzstaat bestätigt werden.
Beachten Sie, dass trotz dieser Vereinbarung die Haftung beim Dienstgeber verbleibt, wenn die Sozialversicherungs-Beiträge nicht korrekt abgeführt werden, daher ist diese Vereinbarungsmöglichkeit mit Vorsicht zu genießen. - IDEAL wäre, wenn die gesetzlichen Interessenvertretungen (zB Wirtschaftskammer und Kammer der Steuerberater und Wirtschaftsprüfer) in die Erläuterungen „reinreklamieren“, dass die im Gesetz formulierte Möglichkeit, eine Nebenbeschäftigung zu verbieten, wenn die „Verwendung im bestehenden Arbeitsverhältnis abträglich ist“ auch dann vorliegt, wenn sich die Bezugsabrechnung aufgrund Änderung der Sozialversicherungszuständigkeit erheblich verkompliziert.
- Aufgrund des Benachteiligungsverbotes aufgrund eines Nebenerwerbes wird der Dienstgeber einem EU-Bürger mit Nebenbeschäftigung lediglich aus diesem Grund nicht eine Homeoffice-Tätigkeit verweigern, die EU-Bürger ohne Nebenbeschäftigung gewährt wird.
IV.
Begleitmaßnahmen zu …
Motivkündigungsschutz
Der Motivkündigungsschutz soll künftig auch für Kündigungen gelten, die wegen
- der Vorenthaltung eines Dienstzettels/Dienstscheins oder
- einer zulässigen Mehrfachbeschäftigung erfolgen.
Kündigungsbegründung
Die bereits anlässlich der Umsetzung der „Work-Life-Balance-Richtlinie“ in das österreichische Arbeitsrecht geregelte Begründungspflicht bei Dienstgeber-Kündigungen soll auch für Kündigungen gelten, die zusammenhängen mit
- der Vorenthaltung eines Dienstzettels/Dienstscheins oder
- einer zulässigen Mehrfachbeschäftigung oder
- den Dienstnehmerrechten (Arbeitszeit, Kostenübernahme) aus Aus‑, Fort und Weiterbildungsmaßnahmen.
Der Dienstnehmer muss die schriftliche Begründung innerhalb von 5 Kalendertagen ab dem Zugang der Kündigung verlangen.
Der Dienstgeber muss die schriftliche Begründung binnen 5 Kalendertagen nachdem ihm das Verlangen des Dienstnehmers auf Begründung zugegangen ist, ausstellen.Benachteiligungsverbote
Das bereits derzeit geltende Benachteiligungsverbot (= Regelungen zum Schutz vor Diskriminierung, Benachteiligung oder negativen Konsequenzen) wird ausgeweitet um die Geltendmachung der Rechte hinsichtlich
- der Ausstellung des Dienstzettels,
- der Mehrfachbeschäftigung und
- der Aus‑, Fort und Weiterbildung.
V.
Weitere geplante Neuerung betreffend:
Anspruch auf Freistellung für die Begleitung von Kindern bei Rehabilitationsaufenthalt
Der Anspruch auf Freistellung für die Begleitung von Kindern bei Rehabilitationsaufenthalt soll ausgeweitet werden.
Die mit 1. November mit der Gesetzesänderung BGBl. I Nr. 85/2023 in Kraft getretene Regelung stellt auf die Bewilligung der Kinder-Rehabilitation durch den Träger der Sozialversicherung ab.
Das von der Sozialversicherung durchgeführte Vergabeverfahren zur Kinder-Rehabilitation umfasst 3 Einrichtungen nicht
➪ siehe dazu Österr. Rehabilitationskompass: https://rehakompass.goeg.at/#/start
Soweit eine Bewilligung für eine Reha in einer dieser 3 Einrichtungen durch das Land aufgrund der Behindertenhilfe erfolgt, soll dies einer Bewilligung durch den Sozialversicherungsträger gleichgestellt werden und auch hier der Anspruch auf Freistellung gebühren.
Gleichzeitig besteht auch in diesen Fällen Anspruch auf Pflegekarenzgeld nach § 21c Abs. 3b Bundespflegegeldgesetz.