Februar 15, 2024

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Zuletzt im Herbst 2023 wur­den auf­grund der EU-Richt­li­nie 2019/1158 („Work-Life-Balan­ce-Richt­li­nie“) umfang­rei­che Ände­run­gen im öster­rei­chi­schen Arbeits­recht (Karenz, Pfle­ge­frei­stel­lung uvm) vorgenommen.

Das Aus­maß die­ser Ände­run­gen im öster­rei­chi­schen Arbeits­recht ist ver­gleich­bar mit einem Erd­be­ben der Stär­ke 5,5 – ab Stär­ke 5 wird es „anstren­gend“.

Kaum wur­den in den Per­so­nal­ab­tei­lun­gen ent­spre­chen­de „Auf­räum­ar­bei­ten“ (= Umset­zun­gen der arbeits­recht­li­chen Neue­run­gen) vor­ge­nom­men, bebt die Erde erneut, denn es ist die nächs­te EU-Richt­li­nie  umzu­set­zen (EU-Richt­li­nie 2019/1152) mit erneut umfang­rei­chen Ände­run­gen im öster­rei­chi­schen Arbeitsrecht.

Der­zeit liegt ein ent­spre­chen­der Initia­tiv­an­trag (kurz: IA) vor, der – wenn er in die­ser Form in das öster­rei­chi­sche Arbeits­recht ein­ge­ar­bei­tet wird (ins­be­son­de­re das Recht auf Mehr­fach­be­schäf­ti­gung iVm der Sozi­al­ver­si­che­rungs­zu­stän­dig­keits­re­gel in der EU!) – die Erd­be­ben­stär­ke auf min­des­tens 6,5 (erheb­li­che Trou­bles) erhöht.

Der Initia­tiv­an­trag sieht vor, dass das öster­rei­chi­sche Arbeits­recht auf­grund der EU-Richt­li­nie 2019/1152 in den fol­gen­den Punk­ten ange­passt wer­den muss:

I.

Die Bestim­mun­gen über den Dienstzettel/Dienstschein im Arbeits­ver­trags­rechts-Anpas­sungs­ge­setz (AVRAG), im Arbeits­kräf­te­über­las­sungs­ge­setz (AÜG), im Haus­ge­hil­fen- und Haus­an­ge­stell­ten­ge­setz (HGHAG) und Land­ar­beits­ge­setz 2021 (LAG) müs­sen adap­tiert werden.

II.

Im AVRAG und im LAG soll neu ein­ge­führt wer­den, dass der Dienst­ge­ber ver­pflich­tet ist, bestimm­te Aus‑, Fort- und Wei­ter­bil­dungs­kos­ten des Dienst­neh­mers zu tra­gen (sofern die Kos­ten­tra­gung nicht von Drit­ten vor­ge­se­hen ist) und als Arbeits­zeit anzuerkennen.

III.

Das Recht auf Mehr­fach­be­schäf­ti­gung im AVRAG und im LAG soll aus­drück­lich gesetz­lich ver­an­kert wer­den. Hier­bei wird klar­ge­stellt, dass in das Kon­kur­renz­ver­bot, gere­gelt im Ange­stell­ten­ge­setz (AngG), nicht ein­ge­grif­fen wird.

IV.

Hin­sicht­lich die­ser 3 zen­tra­len Arbeits­rechts­an­pas­sun­gen

  • Aus­stel­lung von Dienstzettel 
  • Aus‑, Wei­ter- und Fort­bil­dungs­kos­ten­über­nah­me durch Dienstgeber 
  • Recht auf Mehrfachbeschäftigung 

sol­len fol­gen­de Begleit­maß­nah­men im AVRAG und LAG vor­ge­nom­men werden:

  • Motiv­kün­di­gungs­schutz und 
  • … schrift­li­che Kün­di­gungs­be­grün­dung, wenn dies der Dienst­neh­mer verlangt
  • Benach­tei­li­gungs­ver­bo­te wer­den aus­ge­wei­tet und gel­ten auch, falls Dienst­neh­mer obi­ge Ansprü­che gel­tend machen;
  • Sank­tio­nen (= von der Bezirks­ver­wal­tungs­be­hör­de zu ver­hän­gen­den Ver­wal­tungs­stra­fe) auf­grund einer Anzei­ge des betrof­fe­nen Dienst­neh­mers, weil kein Dienst­zet­tel aus­ge­stellt wurde;

V.

Wei­te­re geplan­te Neue­run­gen: Der Anspruch auf Frei­stel­lung für die Beglei­tung von Kin­dern bei Reha­bi­li­ta­ti­ons­auf­ent­halt im AVRAG und im LAG wird ausgeweitet.

I.

Dienst­zet­tel 

1. Freie Dienst­neh­mer (§ 1164a ABGB = zwin­gen­des Recht)

WANN ist der Dienst­zet­tel auszustellen?

Der Dienst­zet­tel ist unver­züg­lich nach Beginn des frei­en Dienst­ver­hält­nis­ses aus­zu­stel­len ➪ nach Wahl des frei­en Dienst­neh­mers kann der Dienst­zet­tel phy­si­sche über­ge­ben oder elek­tro­nisch über­mit­telt werden.

INHALT

Der Dienst­zet­tel hat fol­gen­de Anga­ben zu ent­hal­ten (geplan­te Neue­run­gen: in Fettschrift):

  1. Name und Anschrift des Dienst­ge­bers, Sitz des Unter­neh­mens,
  2. Name und Anschrift des frei­en Dienstnehmers,
  3. Beginn des frei­en Dienstverhältnisses,
  4. bei frei­en Dienst­ver­hält­nis­sen auf bestimm­te Zeit das Ende des frei­en Dienstverhältnisses,
  5. Dau­er der Kün­di­gungs­frist, Kündigungstermin,
  6. vor­ge­se­he­ne Tätig­keit und eine kur­ze Beschrei­bung die­ser Tätig­keit,
  7. Ent­gelt, Fäl­lig­keit und Art der Aus­zah­lung des Ent­gelts,
  8. Name und Anschrift des Trä­gers der Sozi­al­ver­si­che­rung und der Betrieb­li­chen Vor­sor­ge­kas­se (BV-Kas­se) des frei­en Dienstnehmers.

Hat der freie Dienst­neh­mer sei­ne Tätig­keit län­ger als 1 Monat im AUS­LAND zu ver­rich­ten, so hat der vor sei­ner Abrei­se ihm aus­zu­hän­di­gen­de Dienst­zet­tel oder schrift­li­che freie Dienst­ver­trag zusätz­lich fol­gen­de Anga­ben zu enthalten:

  1. der Staat, in dem die Tätig­keit erbracht wer­den soll und deren vor­aus­sicht­li­che Dauer,
  2. die Wäh­rung, in der das Ent­gelt aus­zu­zah­len ist,
  3. allen­falls Bedin­gun­gen für die Rück­füh­rung nach Österreich,
  4. all­fäl­li­ge zusätz­li­che Ver­gü­tung für die Auslandstätigkeit,
  5. all­fäl­li­ger Auf­wan­der­satz und
  6. einen Hin­weis auf die Web­site des Staa­tes, in dem die Tätig­keit erbracht wird, nach Art. 5 Abs. 2 der Richt­li­nie 2014/67/EU zur Durch­set­zung der Richt­li­nie 96/71/EG über die Ent­sen­dung von Arbeit­neh­mern im Rah­men der Erbrin­gung von Dienst­leis­tun­gen und zur Ände­rung der Ver­ord­nung (EU) Nr. 1024/2012 über die Ver­wal­tungs­zu­sam­men­ar­beit mit Hil­fe des Binnenmarkt-Informationssystems.

Die Pflicht, einen Dienst­zet­tel aus­zu­hän­di­gen ENT­FÄLLT, wenn …

  1. ein schrift­li­cher frei­er Dienst­ver­trag aus­ge­hän­digt wur­de, der alle zuvor genann­ten Anga­ben ent­hält, oder
  2. bei Aus­lands­tä­tig­keit die in Abs. 2 genann­ten Anga­ben in ande­ren schrift­li­chen Unter­la­gen ent­hal­ten sind.

Die bis­he­ri­ge Aus­nah­me, dass für freie Dienst­ver­trä­ge, deren Dau­er höchs­tens 1 Monat beträgt, kein Dienst­zet­tel aus­ge­stellt wer­den muss, soll ent­fal­len, dh 
NEUAuch in die­sen Fäl­len ist ein Dienst­zet­tel aus­zu­stel­len.

Ände­rung bei den oa Anga­ben
Jede Ände­rung bei den oa Anga­ben ist dem frei­en Dienst­neh­mer unver­züg­lich, spä­tes­tens jedoch am Tag ihres Wirk­sam­wer­dens schrift­lich mit­zu­tei­len, es sei denn, die Ände­rung erfolg­te auf­grund von Gesetzesänderungen.

2. Ech­te“ Dienst­neh­mer (§ 2 AVRAG)

WANN ist der Dienst­zet­tel aus­zu­stel­len?
➪ wie bei frei­em Dienst­neh­mer (inkl Wahlrecht).

AB WANN müs­sen die Dienst­zet­tel die neu­en Inhal­te auf­wei­sen?
Die neu­en Rege­lun­gen über den Dienst­zet­tel gel­ten erst für Dienst­ver­trä­ge die ab In-Kraft-Tre­ten der Rege­lun­gen des § 2 AVRAG begrün­det werden.

INHALT

Der Dienst­zet­tel hat fol­gen­de Anga­ben zu ent­hal­ten (geplan­te Neue­run­gen: gelb­mar­kiert und in Fett-/Kur­siv­schrift):

  1. Name und Anschrift des Arbeitgebers,
  2. Name und Anschrift des Arbeitnehmers,
  3. Beginn des Arbeitsverhältnisses,
  4. bei Arbeits­ver­hält­nis­sen auf bestimm­te Zeit das Ende des Arbeitsverhältnisses,
  5. Dau­er der Kün­di­gungs­frist, Kün­di­gungs­ter­min, Hin­weis auf das ein­zu­hal­ten­de Kündigungsverfahren,
  6. gewöhn­li­cher Arbeits(Einsatz)ort, erfor­der­li­chen­falls Hin­weis auf wech­seln­de Arbeits(Einsatz)orte, Sitz des Unter­neh­mens,
  7. all­fäl­li­ge Ein­stu­fung in ein gene­rel­les Schema,
  8. vor­ge­se­he­ne Ver­wen­dung und kur­ze Beschrei­bung der zu erbrin­gen­den Arbeitsleistung,
  9. die betrags­mä­ßi­ge Höhe des Grund­ge­halts oder ‑lohns, wei­te­re Ent­gelt­be­stand­tei­le wie z.B. Son­der­zah­lun­gen, gege­be­nen­falls die Ver­gü­tung von Über­stun­den, Fäl­lig­keit und Art der Aus­zah­lung des Ent­gelts,
  10. Aus­maß des jähr­li­chen Erholungsurlaubes,
  11. ver­ein­bar­te täg­li­che oder wöchent­li­che Nor­mal­ar­beits­zeit des Arbeit­neh­mers, sofern es sich nicht um Arbeits­ver­hält­nis­se han­delt, auf die das Haus­be­sor­ger­ge­setz, BGBl. Nr. 16/1970, anzu­wen­den ist, gege­be­nen­falls Anga­ben zu den Bedin­gun­gen für die Ände­rung von Schicht­plä­nen, und
  12. Bezeich­nung der auf den Arbeits­ver­trag allen­falls anzu­wen­den­den Nor­men der kol­lek­ti­ven Rechts­ge­stal­tung (Kol­lek­tiv­ver­trag, Sat­zung, Min­dest­lohn­ta­rif, fest­ge­setz­te Lehr­lings­ent­schä­di­gung, Betriebs­ver­ein­ba­rung) und Hin­weis auf den Raum im Betrieb, in dem die­se zur Ein­sicht­nah­me aufliegen,
  13. Name und Anschrift des Trä­gers der Sozi­al­ver­si­che­rung und der Betrieb­li­chen Vor­sor­ge­kas­se (BV-Kas­se) des Arbeit­neh­mers oder für Arbeit­neh­mer, die dem Bau­ar­bei­ter-Urlaubs- und Abfer­ti­gungs­ge­setz (BUAG), BGBl. Nr. 414/1972, unter­lie­gen, Name und Anschrift der Bau­ar­bei­ter-Urlaubs- und Abfertigungskasse,
  14. Dau­er und Bedin­gun­gen einer ver­ein­bar­ten Probezeit,
  15. gege­be­nen­falls den Anspruch auf eine vom Arbeit­ge­ber bereit­ge­stell­te Fortbildung.

AUS­STEL­LUN­GER­LEICH­TE­RUNG

Hin­sicht­lich der oa Anga­ben mit den Zif­fern Z 5, 6, 9 (aus­ge­nom­men die Anga­ben zum Grund­ge­halt oder ‑lohn), 10, 11, 14, 15 kann ver­wie­sen wer­den auf  die für das Dienst­ver­hält­nis gel­ten­den Bestim­mun­gen in Geset­zen oder in Nor­men der kol­lek­ti­ven Rechts­ge­stal­tung (zB Kol­lek­tiv­ver­trag) oder in betriebs­üb­lich ange­wen­de­ten Rei­se­richt­li­ni­en erfolgen. 

Hat der Dienst­neh­mer sei­ne Tätig­keit län­ger als 1 Monat im AUS­LAND zu ver­rich­ten, so hat der vor sei­ner Abrei­se ihm aus­zu­hän­di­gen­de Dienst­zet­tel oder schrift­li­che freie Dienst­ver­trag zusätz­lich fol­gen­de Anga­ben zu enthalten:

  1. der Staat, in dem die Arbeits­leis­tung erbracht wer­den soll und deren vor­aus­sicht­li­che Dauer,
  2. die Wäh­rung, in der das Ent­gelt aus­zu­zah­len ist,
  3. allen­falls Bedin­gun­gen für die Rück­füh­rung nach Öster­reich und
  4. all­fäl­li­ge zusätz­li­che Ver­gü­tung für die Aus­lands­tä­tig­keit ein­schließ­lich eines höhe­ren Min­dest­ent­gelts nach den lohn­recht­li­chen Bestim­mun­gen des Staa­tes, in dem die Arbeits­leis­tung erbracht wird,
  5. all­fäl­li­ger Auf­wan­der­satz nach anwend­ba­ren öster­rei­chi­schen Bestim­mun­gen und nach den Bestim­mun­gen des Staa­tes, in dem die Arbeits­leis­tung erbracht wird,
  6. einen Hin­weis auf die Web­site des Staa­tes, in dem die Arbeits­leis­tung erbracht wird, nach Art. 5 Abs. 2 der Richt­li­nie 2014/67/EU zur Durch­set­zung der Richt­li­nie 96/71/EG über die Ent­sen­dung von Arbeit­neh­mern im Rah­men der Erbrin­gung von Dienst­leis­tun­gen und zur Ände­rung der Ver­ord­nung (EU) Nr. 1024/2012 über die Ver­wal­tungs­zu­sam­men­ar­beit mit Hil­fe des Bin­nen­markt-Infor­ma­ti­ons­sys­tems, ABl. Nr. L 159 vom 28.05.2014, S. 11.

AUS­STEL­LUN­GER­LEICH­TE­RUNG ZUMAUS­LANDS­TEIL

Hin­sicht­lich der oa Anga­ben mit den Zif­fern Z 2 und 4 kann ver­wie­sen wer­den auf die für das Dienst­ver­hält­nis gel­ten­den Bestim­mun­gen in Geset­zen oder in Nor­men der kol­lek­ti­ven Rechts­ge­stal­tung (zB Kol­lek­tiv­ver­trag) oder in betriebs­üb­lich ange­wen­de­ten Rei­se­richt­li­ni­en erfolgen.

Die Pflicht, einen Dienst­zet­tel aus­zu­hän­di­gen ENT­FÄLLT ➪ sie­he frei­er Dienstvertrag

Ände­rung bei den oa Anga­ben
Jede Ände­rung bei den oa Anga­ben ist dem Dienst­neh­mer unver­züg­lich, spä­tes­tens jedoch am Tag ihres Wirk­sam­wer­dens schrift­lich mit­zu­tei­len, es sei denn, …

a)

es haben sich die gesetz­li­chen oder kol­lek­tiv­ver­trag­li­chen Bestim­mun­gen geän­dert oder

b)

die Ände­rung ergibt sich aus der dienst­zeit­ab­hän­gi­gen Vor­rü­ckung in der­sel­ben Ver­wen­dungs- oder Berufs­grup­pe der anzu­wen­den­den Norm der kol­lek­ti­ven Rechts­ge­stal­tung (zB Kollektivvertrag).

KON­SE­QUEN­ZEN, wenn der Dienst­zet­tel NICHT AUS­GE­HÄN­DIGT wird

1.

Ver­wal­tungs­stra­fe (zustän­dig: Bezirks­ver­wal­tungs­be­hör­de) iHv € 100,00 bis € 436,00 pro Dienst­neh­mer, dem kein Dienst­zet­tel aus­ge­hän­digt wurde

2.

Sind mehr als 5 Dienst­neh­mer betrof­fen oder wur­de der Dienst­ge­ber inner­halb der letz­ten 3 Jah­re vor der neu­er­li­chen Über­tre­tung bereits rechts­kräf­tig bestraft, beträgt die Geld­stra­fe € 500,00 bis € 2.000,00.

Bei­spiel:
Der Dienst­ge­ber wur­de mit 1.2.2025 rechts­kräf­tig ver­ur­teilt. Ein Wie­der­ho­lungs­fall liegt vor, wenn der Dienst­ge­ber nach dem 1.2.2025 inner­halb von 3 Jah­ren (bis zum 31.1.2028) neu­er­lich eine Tat­hand­lung setzt.

Hin­sicht­lich des höhe­ren Straf­rah­mens gilt: Der Dienst­ge­ber begeht eine ein­zi­ge Ver­wal­tungs­über­tre­tung, unab­hän­gig von der Anzahl der von der Ver­wal­tungs­über­tre­tung betrof­fe­nen Dienstnehmer.

3.

Stellt die Bezirks­ver­wal­tungs­be­hör­de nach Ein­lei­tung des Straf­ver­fah­rens fest, dass der Dienst­ge­ber dem Dienst­neh­mer inzwi­schen nach­weis­lich einen Dienst­zet­tel aus­ge­hän­digt hat und das Ver­schul­den des Dienst­ge­bers gering ist, hat sie von der Ver­hän­gung einer Geld­stra­fe abzusehen.

Gerin­ges Ver­schul­den liegt vor, wenn der Geset­zes­ver­stoß gele­gent­lich auch einem sorg­fäl­ti­gen Men­schen unter­läuft. Das ist ins­be­son­de­re bei einem erst­ma­li­gen Ver­stoß gegen die Ver­pflich­tung zur Aus­hän­di­gung des Dienst­zet­tels der Fall.

II.

Kos­ten­über­nah­me­ver­pflich­tung bei Aus‑, Fort- und Wei­ter­bil­dung (§ 11b AVRAG)

Der geplan­te Geset­zes­text soll wie folgt lauten:

(1) Ist auf Grund gesetz­li­cher Vor­schrif­ten, Ver­ord­nun­gen, Nor­men der kol­lek­ti­ven Rechts­ge­stal­tung oder des Arbeits­ver­tra­ges eine bestimm­te Aus‑, Fort- oder Wei­ter­bil­dung Vor­aus­set­zung für die Aus­übung einer arbeits­ver­trag­lich ver­ein­bar­ten Tätig­keit, so 

  1. ist die Teil­nah­me des Arbeit­neh­mers an die­ser Aus‑, Fort- oder Wei­ter­bil­dung Arbeits­zeit;
  2. sind die Kos­ten für die­se Aus‑, Fort- oder Wei­ter­bil­dung vom Arbeit­ge­ber zu tra­gen, es sei denn, die Kos­ten wer­den von einem Drit­ten getragen. 
(2) Die Ver­pflich­tun­gen nach Abs. 1 ste­hen dar­über hin­aus­ge­hen­den Ver­ein­ba­run­gen zuguns­ten des Arbeit­neh­mers nicht entgegen.

Pra­xis­ana­ly­se
Arti­kel 13 der Richt­li­nie (EU) 2019/1152 ver­langt fol­gen­de Neuerungen:

a) Die Kos­ten für

  1. jene Aus‑, Fort- oder Wei­ter­bil­dungs­maß­nah­men gel­ten, die
  2. auf­grund gesetz­li­cher Vor­schrif­ten, Ver­ord­nun­gen, Nor­men der kol­lek­ti­ven Rechts­ge­stal­tung (zB Kol­lek­tiv­ver­trag) oder des Dienst­ver­tra­ges erfor­der­lich sind, um
  3. die arbeits­ver­trag­lich ver­ein­bar­te Tätig­keit aus­zu­üben,
  4. dür­fen dem Dienst­neh­mer weder in Rech­nung gestellt noch vom Ent­gelt ein­be­hal­ten oder abge­zo­gen werden.

b) Die Zeit, in der der Dienst­neh­mer die oa Aus‑, Fort- oder Wei­ter­bil­dungs­maß­nah­men absol­viert, gilt als Arbeits­zeit.

Pra­xis­bei­spiel: 

Regelt bspw der Dienst­ver­trag, dass eine Lohn­ver­rech­ne­rin jähr­lich ein Neue­rungs­se­mi­nar zu besu­chen hat, um ihr Fach­wis­sen auf aktu­el­lem Stand zu hal­ten, dann sind auf­grund der oa geplan­ten gesetz­li­chen Neuerungen

a) die­se Ver­an­stal­tun­gen bezahl­te Arbeits­zeit und
b) der Dienst­ge­ber hat die anfal­len­den Kos­ten die­ser Ver­an­stal­tung zu tragen.

III.

Das Recht auf Mehr­fach­be­schäf­ti­gung (§ 2i AVRAG)

Der geplan­te Geset­zes­text soll wie folgt lauten:

(1) Der Arbeit­neh­mer ist berech­tigt, ein Arbeits­ver­hält­nis mit ande­ren Arbeit­ge­bern ein­zu­ge­hen. Der Arbeit­neh­mer darf des­we­gen nicht benach­tei­ligt werden.

(2) Der Arbeit­ge­ber kann im Ein­zel­fall ver­lan­gen, dass der Arbeit­neh­mer die Beschäf­ti­gung in einem wei­te­ren Arbeits­ver­hält­nis unter­lässt, die

  1. mit arbeits­zeit­recht­li­chen Bestim­mun­gen nicht ver­ein­bar ist oder
  2. der Ver­wen­dung im bestehen­den Arbeits­ver­hält­nis abträg­lich ist.

Pra­xis­ana­ly­se

1.

Dienst­neh­mer haben das Recht auf Neben­be­schäf­ti­gun­gen und dür­fen des­halb nicht benach­tei­ligt werden

2.

Der Dienst­ge­ber kann im Ein­zel­fall aus fol­gen­den Grün­den eine Neben­be­schäf­ti­gung ver­bie­ten:

a) Die im Arbeits­zeit­ge­setz fest­ge­leg­ten Arbeits­zeit­höchst­gren­zen wer­den durch die Neben­be­schäf­ti­gung über­schrit­ten.

b) Die Neben­be­schäf­ti­gung wirkt sich unzu­mut­bar auf den Dienst­ge­ber-Betrieb aus, in dem der Dienstnehmer

  • sei­ne Dienst­ver­trags­pflich­ten nicht mehr ord­nungs­ge­mäß erfül­len kann oder
  • mit der Neben­be­schäf­ti­gung den Dienst­ge­ber kon­kur­ren­ziert

3.

Durch die neu geschaf­fe­nen Bestim­mun­gen zur Mehr­fach­be­schäf­ti­gung wird – so ist klar­ge­stellt – nicht in das im Ange­stell­ten­ge­setz (AngG) fest­ge­leg­te Kon­kur­renz­ver­bot eingegriffen.

4.

Wei­te­re Grün­den aus denen der Dienst­ge­ber die Neben­be­schäf­ti­gung unter­sa­gen kann, sind: 

  • Aus der Mehr­be­las­tung resul­tie­ren­de Gefähr­dung für die Gesund­heit und Sicher­heit (den Arbeit­neh­mer­schutz) des Dienstnehmers;
  • Mög­li­che Preis­ga­be von Geschäfts­ge­heim­nis­sen;
  • aus den ins­ge­samt aus­ge­üb­ten Tätig­kei­ten ent­ste­hen­de Interessenkonflikte;
  • Schä­di­gung des Anse­hens des Dienstgebers.

WARN­HIN­WEIS: Erd­be­ben­stär­ke 6,5
 Sie rech­nen ver­mehrt Dienst­neh­mer nach EU-Sozi­al­ver­si­che­rungs­recht ab!!!

Übt ein Dienst­neh­mer, der sei­nen Wohn­sitz (= Mit­tel­punkt der Lebens­in­ter­es­sen) in einem EU-Staat hat, auf­grund des Rechts auf Nebenbeschäftigung

  • eine Neben­be­schäf­ti­gung in sei­nem Wohn­sitz­staat aus und
  • beträgt dadurch die in sei­nem Wohn­sitz­staat zeit­lich aus­ge­üb­ten Dienst­neh­mer­tä­tig­kei­ten 25 % oder mehr sei­ner gesam­ten Dienst­neh­mer­tä­tig­kei­ten, dann ver­la­gert sich die Sozi­al­ver­si­che­rungs­zu­stän­dig­keit aus Öster­reich weg in den EU-Wohn­sitz­staat!

Die­se „Erd­be­ben­ge­fahr“, wonach Sie Dienst­neh­mer nach aus­län­di­schem EU-Sozi­al­ver­si­che­rungs­recht abrech­nen müs­sen, wird uE dra­ma­tisch zuneh­men, ins­be­son­de­re wenn der Dienst­neh­mer bereits 1 Tag Home­of­fice in sei­nem EU-Wohn­sitz­staat aus­übt.

Home­of­fice + Neben­be­schäf­ti­gung im Wohn­sitz­staat
➪ idR aus­län­di­sche EU-Sozialversicherungsrechtszuständigkeit!!

Ad hoc-Über­le­gun­gen, um die­se Kon­se­quen­zen zu vermeiden:

  1. Teil­zeit­be­schäf­tig­te EU-Bür­ger ➪ auf Voll­zeit auf­sto­cken und auf­grund Arbeits­zeit­gren­zen jede Neben­be­schäf­ti­gung untersagen
  2. Sie schlie­ßen mit dem Dienst­neh­mer eine Ver­ein­ba­rung nach Art 21 Abs 2 der VO (EG) Nr 987/2009, wonach der Dienst­neh­mer sich ver­pflich­tet, die Sozi­al­ver­si­che­rungs­bei­trä­ge (sowohl Dienst­neh­mer- als auch Dienst­ge­ber-Anteil) an die Wohn­sitz­staat-Behör­den abzu­füh­ren.
    Solch eine Ver­ein­ba­rung muss vom Sozi­al­ver­si­che­rungs-Trä­ger im Wohn­sitz­staat bestä­tigt wer­den.
    Beach­ten Sie, dass trotz die­ser Ver­ein­ba­rung die Haf­tung beim Dienst­ge­ber ver­bleibt, wenn die Sozi­al­ver­si­che­rungs-Bei­trä­ge nicht kor­rekt abge­führt wer­den, daher ist die­se Ver­ein­ba­rungs­mög­lich­keit mit Vor­sicht zu genießen.
  3. IDE­AL wäre, wenn die gesetz­li­chen Inter­es­sen­ver­tre­tun­gen (zB Wirt­schafts­kam­mer und Kam­mer der Steu­er­be­ra­ter und Wirt­schafts­prü­fer) in die Erläu­te­run­gen „rein­re­kla­mie­ren“, dass die im Gesetz for­mu­lier­te Mög­lich­keit, eine Neben­be­schäf­ti­gung zu ver­bie­ten, wenn die „Ver­wen­dung im bestehen­den Arbeits­ver­hält­nis abträg­lich ist“ auch dann vor­liegt, wenn sich die Bezugs­ab­rech­nung auf­grund Ände­rung der Sozi­al­ver­si­che­rungs­zu­stän­dig­keit erheb­lich ver­kom­pli­ziert.
  4. Auf­grund des Benach­tei­li­gungs­ver­bo­tes auf­grund eines Neben­er­wer­bes wird der Dienst­ge­ber einem EU-Bür­ger mit Neben­be­schäf­ti­gung ledig­lich aus die­sem Grund nicht eine Home­of­fice-Tätig­keit ver­wei­gern, die EU-Bür­ger ohne Neben­be­schäf­ti­gung gewährt wird.

IV.

Begleit­maß­nah­men zu …

  • Dienst­zet­tel
  • Aus‑, Wei­ter- und Fortbildungskostenübernahme
  • Recht auf Nebenbeschäftigung

Motiv­kün­di­gungs­schutz

Der Motiv­kün­di­gungs­schutz soll künf­tig auch für Kün­di­gun­gen gel­ten, die wegen

  • der Vor­ent­hal­tung eines Dienstzettels/Dienstscheins oder
  • einer zuläs­si­gen Mehr­fach­be­schäf­ti­gung erfol­gen.

Kün­di­gungs­be­grün­dung

Die bereits anläss­lich der Umset­zung der „Work-Life-Balan­ce-Richt­li­nie“ in das öster­rei­chi­sche Arbeits­recht gere­gel­te Begrün­dungs­pflicht bei Dienst­ge­ber-Kün­di­gun­gen soll auch für Kün­di­gun­gen gel­ten, die zusam­men­hän­gen mit

  • der Vor­ent­hal­tung eines Dienstzettels/Dienstscheins oder
  • einer zuläs­si­gen Mehr­fach­be­schäf­ti­gung oder
  • den Dienst­neh­mer­rech­ten (Arbeits­zeit, Kos­ten­über­nah­me) aus Aus‑, Fort und Wei­ter­bil­dungs­maß­nah­men.

Der Dienst­neh­mer muss die schrift­li­che Begrün­dung inner­halb von 5 Kalen­der­ta­gen ab dem Zugang der Kün­di­gung verlangen.

Der Dienst­ge­ber muss die schrift­li­che Begrün­dung bin­nen 5 Kalen­der­ta­gen nach­dem ihm das Ver­lan­gen des Dienst­neh­mers auf Begrün­dung zuge­gan­gen ist, ausstellen.

Benach­tei­li­gungs­ver­bo­te

Das bereits der­zeit gel­ten­de Benach­tei­li­gungs­ver­bot (= Rege­lun­gen zum Schutz vor Dis­kri­mi­nie­rung, Benach­tei­li­gung oder nega­ti­ven Kon­se­quen­zen) wird aus­ge­wei­tet um die Gel­tend­ma­chung der Rech­te hinsichtlich

  • der Aus­stel­lung des Dienstzettels,
  • der Mehr­fach­be­schäf­ti­gung und
  • der Aus‑, Fort und Weiterbildung.

V.

Wei­te­re geplan­te Neue­rung betreffend:

Anspruch auf Frei­stel­lung für die Beglei­tung von Kin­dern bei Rehabilitationsaufenthalt

Der Anspruch auf Frei­stel­lung für die Beglei­tung von Kin­dern bei Reha­bi­li­ta­ti­ons­auf­ent­halt soll aus­ge­wei­tet werden.

Die mit 1. Novem­ber mit der Geset­zes­än­de­rung BGBl. I Nr. 85/2023 in Kraft getre­te­ne Rege­lung stellt auf die Bewil­li­gung der Kin­der-Reha­bi­li­ta­ti­on durch den Trä­ger der Sozi­al­ver­si­che­rung ab.

Das von der Sozi­al­ver­si­che­rung durch­ge­führ­te Ver­ga­be­ver­fah­ren zur Kin­der-Reha­bi­li­ta­ti­on umfasst 3 Ein­rich­tun­gen nicht 
➪ sie­he dazu Österr. Reha­bi­li­ta­ti­ons­kom­pass: https://rehakompass.goeg.at/#/start

  • Neu­ro­lo­gi­sches Reha­bi­li­ta­ti­ons­zen­trum – reKIZ, Salzburg
  • Reha Rad­kers­burg – kids chan­ce, Steiermark
  • Reha­bi­li­ta­ti­on­zen­trum Eder­hof für organ­trans­plan­tier­te Kin­der und Jugend­li­che, Osttirol

Soweit eine Bewil­li­gung für eine Reha in einer die­ser 3 Ein­rich­tun­gen durch das Land auf­grund der Behin­der­ten­hil­fe erfolgt, soll dies einer Bewil­li­gung durch den Sozi­al­ver­si­che­rungs­trä­ger gleich­ge­stellt wer­den und auch hier der Anspruch auf Frei­stel­lung gebühren.

Gleich­zei­tig besteht auch in die­sen Fäl­len Anspruch auf Pfle­ge­ka­renz­geld nach § 21c Abs. 3b Bundespflegegeldgesetz.

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